Ostküste der Vereinigten Staaten Streik der US-Hafenarbeiter legt Transporte lahm
Nach gescheiterten Verhandlungen über höhere Löhne sind Tausende Hafenarbeiter entlang der US-Ostküste in den Streik getreten. Die Wirtschaft könnte das täglich Milliarden kosten - mit Folgen auch in Europa.
Nach dem Scheitern der Verhandlungen über höhere Löhne sind Tausende Hafenarbeiter entlang der US-amerikanischen Ostküste in den Streik getreten. Damit werden alle Warenströme - von Lebensmitteln über Bekleidung bis zu Autotransporten - blockiert. Experten-Einschätzung zufolge könnte das die US-Wirtschaft täglich Milliarden Dollar kosten.
Auch Arbeitsplätze stünden auf dem Spiel. Befürchtet werden zudem Lieferengpässe und höhere Preise für Verbraucher. Die Gewerkschaft "hat das ganze Land in der Hand", sagte Steve Hughes, Chef von HCS International, eine Firma, die auf die Beschaffung und Verschiffung von Autos spezialisiert ist. "Ich habe wirklich Angst, dass es hässlich wird."
Dominoeffekt wohl bis in den Februar spürbar
Experten befürchten, dass die Auswirkungen auch außerhalb der USA zu spüren sein könnten. "Wir erwarten, dass der Streik fünf bis sieben Tage andauern wird, bis der Staat interveniert. Aber der Dominoeffekt wird wahrscheinlich bis nach Europa und Asien und mindestens bis Januar, Februar zu spüren sein werden", kommentierte Peter Sand, Chefanalyst beim norwegischen Marktforscher Xeneta.
Allein in den Häfen im Großraum New York City müssten fast 100.000 Container, die durch den Streik nun blockiert sind, entladen werden. Und in der kommenden Woche sollten 35 weitere Containerschiffe nach New York fahren, erklärte Rick Cotton, Geschäftsführer der Hafenbehörde von New York und New Jersey. Sie alle können nicht ent- und neu beladen werden, solange die Arbeiter streiken.
Erster Streik seit 1977
Die Gewerkschaft International Longshoremen's Association (ILA), die 45.000 Hafenarbeiter vertritt, hatte mit der Arbeitgebergruppe United States Maritime Alliance (USMX) über einen neuen Sechsjahresvertrag verhandelt, der vor Ablauf der Frist am 30. September um Mitternacht endete. "Aufgrund des Ablaufs des Rahmenvertrags zwischen der United States Maritime Alliance (USMX) und der ILA kommt es im Hafen von Virginia und anderen Häfen entlang der Ost- und Golfküste der USA zu einem Arbeitsstopp", teilte die Hafenbehörde von Virginia mit.
Der ILA-Vorsitzende Harold Daggett erklärte, Arbeitgeber wie der Containerschiffbetreiber Maersk und sein Unternehmen APM Terminals North America hätten keine angemessenen Lohnerhöhungen angeboten und den Forderungen nach einem Stopp der Hafenautomatisierungsprojekte nicht zugestimmt. "Wir sind bereit, so lange wie nötig zu kämpfen und so lange wie nötig zu streiken, um die Löhne und den Schutz vor Automatisierung zu bekommen, die unsere ILA-Mitglieder verdienen", betonte Daggett am Dienstag.
Er betonte außerdem: "Die USMX ist jetzt für diesen Streik verantwortlich. Sie muss jetzt unsere Forderungen erfüllen, damit dieser Streik beendet wird." Die USMX hatte zuvor mitgeteilt, sie habe angeboten, die Löhne um fast 50 Prozent zu erhöhen, was einem früheren Vorschlag entspreche.
Der Arbeitskampf, der erste der ILA seit 1977, bereitet Unternehmen in der gesamten Wirtschaft Sorgen, die auf die Seeschifffahrt angewiesen sind, um ihre Waren zu ex- oder importieren. Einzelhändler, die etwa die Hälfte des gesamten Containertransportvolumens ausmachen, sind dabei, Ersatzpläne umzusetzen, während sie sich auf die wichtige Wintersaison vorbereiten. Der Einzelhandelsriese Walmart und die Warenhauskette Costco erklärten, sie täten alles, um die Auswirkungen abzumildern.
Greift US-Präsident Biden ein?
Vertreter der Regierung von US-Präsident Joe Biden hatten sich vor dem Streik mit USMX und ILA getroffen, um eine Einigung zu erzielen. Der Stabschef des US-Präsidialamtes, Jeff Zients, und die oberste Wirtschaftsberaterin Lael Brainard forderten bei einem Treffen am Montag, den Streit fair und schnell beizulegen, wie ein Beamter sagte.
Allerdings hat die Regierung wiederholt ausgeschlossen, im Falle eines Scheiterns die Bundesbefugnisse zur Beendigung eines Streiks zu nutzen. Gemäß des Taft-Hartley-Gesetzes von 1947 hat der US-Präsident das Recht, gewisse Streiks zu unterbinden.
Die Präsidentin der US-Handelskammer, Suzanne Clark, forderte Präsident Biden auf, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken. Es "wäre gewissenlos, zuzulassen, dass ein Vertragsstreit unserer Wirtschaft einen derartigen Schock zufügt".