Zu hohe Staatsschulden Ratingagentur Fitch entzieht USA Bestnote
Fitch hat die Spitzenbewertung der Kreditwürdigkeit der USA herabgestuft. Das könnte Auswirkungen auf die Neuverschuldung des Landes haben. US-Finanzministerin Yellen hält die Abstufung für willkürlich.
Die Ratingagentur Fitch hat die Bonitätsbewertungen der USA von der Spitzennote "AAA" auf "AA+" herabgestuft. Als Begründung verwies Fitch nach US-Börsenschluss unter anderem auf die Verschlechterung der Haushaltslage in den kommenden drei Jahren und die hohe Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten. Fitch sei der Ansicht, dass sich die "Standards der Regierungsführung" in den letzten 20 Jahren stetig verschlechtert hätten, auch in Bezug auf Steuer- und Schuldenfragen, teilte die Agentur weiter mit. Konkret benennt Fitch den seit "zwei Dekaden" andauernden und sich wiederholenden Streit um die Schuldenobergrenze und darauf folgende "Last Minute"-Einigungen.
In diesem Frühjahr war das wochenlange Gezerre um die Anhebung der Schuldenobergrenze besonders ausgereizt worden. Erst nach wochenlanger Zitterpartie hatten die Demokraten von US-Präsident Joe Biden und die Republikaner einen Kompromiss erzielt. Ohne die Einigung wäre der US-Regierung das Geld ausgegangen. Ein Zahlungsausfall hätte eine globale Finanzkrise und einen wirtschaftlichen Abschwung auslösen können.
Yellen hält Herabstufung für "willkürlich"
Das Weiße Haus in Washington reagierte empört auf die Herabstufung. Pressesprecherin Karine Jean-Pierre nannte die Entscheidung der Ratingagentur "realitätsfern". US-Finanzministerin Janet Yellen teilte in einem Presse-Statement mit, sie stimme überhaupt nicht mit der Entscheidung von Fitch überein. Sie nannte die Abstufung "willkürlich", und sie basiere auf Grundlage veralteter Daten.
Fitch hatte erstmals im Mai die Möglichkeit einer Herabstufung angedeutet und diese Position auch nach der Einigung über die Schuldenobergrenze beibehalten. "Wiederholte politische Patt-Situationen bei der Schuldenobergrenze und Entscheidungen in letzter Minute haben das Vertrauen in die Haushaltsführung untergraben", so die Agentur.
Erste Herabstufung nach zehn Jahren
Mit der Herabstufung ist Fitch nach S&P die zweite große Ratingagentur, die den USA ihr Triple-A-Rating entzieht. Und es ist die erste Herabstufung der USA von einer großen Ratingagentur in mehr als zehn Jahren. 2011 hatte die Agentur S&P das AAA-Rating des Landes herabgesetzt, weil die Schuldenobergrenze nicht eingehalten werden konnte.
Nach der Bekanntgabe gab der Dollar gegenüber einer Reihe von Währungen nach, Aktien-Futures fielen und Treasury-Futures legten zu. Mehrere Investoren und Analysten äußerten jedoch die Erwartung, dass sich die Auswirkungen der Herabstufung in Grenzen halten würden. Dennoch könnte die Luft für den amerikanischen Staat am Verschuldungsmarkt nun etwas dünner werden. Denn konservative Anleger meiden gern Papiere, die nicht das beste Rating haben.
Kann Deutschland von US-Herabstufung profitieren?
Deutschland kann dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge nach dem Entzug der Top-Bonitätsnote für die USA zum Nutznießer werden. "Insbesondere in unruhigen Zeiten wird der Bund von seinem Triple-AAA-Status nun wohl noch stärker profitieren können", sagte der Steuerschätzer vom IfW, Jens Boysen-Hogrefe, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Da sich nun die Nachfrage nach Papieren mit der Bestnote "AAA" auf "kleinere Emittenten konzentrieren wird, von denen Deutschland der größte ist, werden diese einen Vorteil haben". Wie groß der sein werde, hänge von den allgemeinen Marktbedingungen und der Risikowahrnehmung ab.
Die US-Herabstufung habe zwar keinen direkten Einfluss auf die Attraktivität deutscher Staatsanleihen, hieß es bei der europäischen Ratingagentur Scope. "Allerdings könnten einige institutionelle Anleger mit sehr konservativen Investmentvorgaben nicht mehr in gewohntem Umfang in US-Treasury investieren", hieß es. Dies wiederum könne zu einer gewissen Umschichtung von Investorengeldern zugunsten deutscher Anleihen führen. "Der Umfang dieser Umschichtungen ist allerdings schwer einschätzbar und dürfte eher moderat sein", so Scope.
"Zinseffekt auf Bundesankeihen kaum messbar"
Mit deutlich sinkenden Zinskosten für den Bund rechnet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer nicht. "Der Zinseffekt auf Bundesanleihen dürfte kaum messbar sein", sagte Krämer. "Andere Faktoren sind zurzeit an den Rentenmärkte viel wichtiger und überlagern alles." So schauten die Anleger vor allem auf die Entwicklung der Inflationsraten und darauf, ob der Zinsgipfel bei der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits erreicht sei.
Hauptgrund für die Bestnote für Deutschland ist die vergleichsweise geringe Verschuldung. Den Wirtschaftsweisen zufolge wird der Schuldenstand in diesem Jahr auf 65,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sinken, 2024 dann auf 63,5 Prozent. Zum Vergleich: Fitch sagt den USA für dieses Jahr 112,9 Prozent voraus, für 2025 sogar 118,4 Prozent.