BYD Elektroautos stehen zum Verladen bereit im Hafen von Lianyungang, China.

Handelskonflikt Kommen EU-Strafzölle auf E-Autos aus China?

Stand: 04.07.2024 08:56 Uhr

Heute dürfte Brüssel vorläufige Zusatzzölle auf chinesische E-Autos verhängen. Das heißt aber noch nicht, dass diese auch wirksam werden.

Im Streit über Zölle auf E-Autos verhandeln Brüssel und Peking - aber bislang ohne greifbares Ergebnis. Deshalb dürfte die EU-Kommission mit Ablauf der von ihr gesetzten Frist vorläufige Ausgleichszölle auf aus China importierte Elektroautos verhängen. Das heißt nicht, dass diese ab morgen fällig werden.

Aber die EU-Zollbehörden müssten bei Auto-Einfuhren aus China Bankgarantien von den entsprechenden Unternehmen verlangen. Ob die Abgaben einbehalten werden, hängt davon ab, ob die EU mit China bis Anfang November eine Lösung findet. Die Gespräche laufen also zunächst weiter, aber danach könnte Brüssel endgültig Zusatzzölle einführen.

"Es geht um Fairness"

"Da gibt es viele Möglichkeiten, Kompromisse zu finden", betont der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange. "Wir wollen keine Eskalation und damit auch keinen Handelskrieg provozieren, sondern es geht um Fairness entsprechend der Regeln der Welthandelsorganisation."

Denn die EU wirft China vor, durch staatliche Beihilfen die Preise für E-Autos künstlich zu drücken und so den Wettbewerb zu verzerren. Die Kommission hat das acht Monate lang geprüft und unterscheidet sich damit nach den Worten von Handelsexperte Lange von der US-Regierung, die ihre Importzölle auf 100 Prozent vervierfacht hat:

"Unsere Herangehensweise in Europa ist fundamental anders als in anderen Ländern wie den USA, wo Maßnahmen zum reinen Protektionismus getroffen werden und das führt natürlich zu Eskalation. Bei uns geht es wirklich darum, Wettbewerbsgleichheit zu schaffen. Ausgleichszölle nur dann, wenn nötig."

Abgestufte Zusatzzölle

Die kommen auf die bestehenden Importzölle von 10,0 Prozent obendrauf und fallen unterschiedlich aus - je nachdem, wie hoch der Schaden ist und ob chinesische Hersteller kooperiert haben. Am stärksten trifft es SAIC aus Shanghai, das über ein Joint-Venture mit VW verbunden ist, mit zusätzlichen 38,1 Prozent.

Autos des Volvo-Eigentümers Geely werden mit weiteren 20 Prozent belegt, die von Weltmarktführer BYD mit 17 Prozent. Für andere Anbieter gilt ein Zusatzzoll von 21 Prozent - auch für europäische Hersteller, die in China produzieren und ihre Fahrzeuge in die EU einführen.

Frankreich und Spanien begrüßen Brüssels Vorstoß, die Bundesregierung bremst. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck setzt weiter auf eine Verhandlungslösung: "Auch China ist ein Land, das Exporte hat, und wenn das mal verstanden wird, wenn man die Sichtweise der anderen Seite ernst nimmt gibt, es einen guten Korridor einer Lösungsmöglichkeit. Darüber reden wir intensiv mit der Kommission."

Wirtschaft in Zollfrage uneins

Die Exportnation Deutschland ist wirtschaftlich enger mit China verknüpft als Frankreich. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) warnt, die Strafzölle schadeten Verbrauchern und Unternehmen in Europa. Dabei spricht der VDA offenbar nicht für die gesamte deutsche Industrie: Laut einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) halten nämlich über 80 Prozent der befragten Firmen Strafzölle mindestens teilweise für gerechtfertigt.

"Ganz grundsätzlich müssen wir uns dann schon anschauen, wo der Wettbewerbsdruck aus China am Ende unfair ist, weil Subventionen vergeben werden", sagt IW-Experte Jürgen Matthes. "Wenn die Hälfte der Industrieunternehmen sagt, dass chinesische Unternehmen hier in den Markt drängen mit Preisen von mehr als 30 Prozent unter ihren eigenen Preisen dann ist die Frage, ob das alles mit rechten Dingen zugeht, absolut berechtigt."

Drohende Gegenmaßnahmen Pekings

Peking könnte aber im Gegenzug höhere Zölle auf Schweinefleisch oder Cognac aus der EU erheben. Deshalb wäre es nach Ansicht von Handelsexperte Matthes klug, bei möglichen EU-Strafmaßnahmen genau abzuwägen: "Ob man das in jedem Einzelfall macht, muss man überlegen, weil wir vielleicht auch an manchen Stellen zu abhängig sind von China und die Gegenmaßnahmen dann fühlen, die illegitimerweise von China angedroht werden. Von daher gibt es zwei Ebenen: Das eine ist die Ebene von richtig und falsch - und das andere ist die Ebene, mache ich das dann wirklich, weil ich möglicherweise aufgrund zu großer Abhängigkeiten zu verletzlich bin."

Für Kundinnen und Kunden in Europa könnte es durch Zusatzzölle teurer werden - das hängt vom Zeitpunkt des Imports ab. Wer im Frühjahr ein chinesisches E-Auto bestellt hat, das erst jetzt verschifft wird, zahlt möglicherweise drauf - wenn Hersteller und Händler ihre Mehrkosten durchreichen.

Jakob Mayr, ARD Brüssel, tagesschau, 04.07.2024 08:54 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 04. Juli 2024 um 09:15 Uhr.