Antibiotikaresistenzen Studie warnt vor Millionen Todesfällen bis 2050
Dass Antibiotika nicht mehr wirken, wird zunehmend zum Problem. Bis 2050 könnten laut einer Studie mehr als 39 Millionen Menschen an antibiotikaresistenten Keimen sterben. Bessere Behandlungen könnten jedoch noch viele Leben retten.
Die Resistenz vieler Krankheitserreger gegen Antibiotika könnte bis 2050 weltweit mehr als 39 Millionen Todesfälle verursachen. Bei weiteren 169 Millionen Todesfällen könnten solche Erreger zumindest eine Rolle spielen. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfassende Studie.
Das Forschungsteam um Christopher Murray von der University of Washington in Seattle nutzte 520 Millionen Datensätze, um die Entwicklung der Antibiotikaresistenzen im Zeitraum von 1990 bis 2021 in einem Computermodell darzustellen. Auf dieser Basis entstand dann eine Prognose für die kommenden Jahre, die im Fachmagazin "The Lancet" vorgestellt wird.
Die künftige Entwicklung abschätzen zu können, sei entscheidend für lebensrettende gegensteuernde Maßnahmen, sagte Mohsen Naghavi von der University of Washington, einer der Erstautoren der Studie.
Studienautoren nutzen Vielzahl vorhandener Daten
Wie groß das Problem mit Resistenzen ist, lässt sich nicht so einfach ermitteln: Wenn beispielsweise bei der Behandlung einer Krebserkrankung Komplikationen durch multiresistente Keime auftreten, wird die Todesursache eines Patienten dennoch in der Regel dem Krebs zugeschrieben.
Die Studienautoren nutzten Krankenhaus-Entlassungsdaten, Daten zu Todesursachen, Resistenzprofile einzelner Arzneimittel, Umfragen zum Antibiotikagebrauch und zahlreiche andere Quellen, um das Ausmaß der Resistenzen zu erfassen und das weltweite Modell zu entwickeln. Von 1990 bis 2021 sind demnach jedes Jahr weltweit mehr als eine Million Menschen aufgrund antimikrobieller Resistenzen gestorben.
Ältere Menschen besonders betroffen
Allerdings ist die Entwicklung nach Altersgruppen sehr unterschiedlich. Während die Anzahl der resistenzbedingten Sterbefälle bei Kindern unter fünf Jahren um 50 Prozent gesenkt werden konnte, ist die Anzahl bei Menschen im Alter von 70 oder mehr Jahren um 80 Prozent gestiegen.
Den Anstieg der Fälle bei älteren Menschen führen die Forscher auf eine oft geringere Wirksamkeit oder Unverträglichkeit von Impfstoffen und Arzneimitteln bei Älteren sowie mehr Grunderkrankungen zurück. Weil die Bevölkerungsgruppe der Über-64-Jährigen in den kommenden Jahren am stärksten wachsen wird, könnten sich auch die resistenzbedingten Todesfälle dem Modell zufolge bis 2050 insgesamt erhöhen.
Die Antibiotika-Krise betrifft nicht nur Staaten mit einem niedrigen oder mittleren Durchschnittseinkommen. So gehörten die USA und Kanada zu den fünf Weltregionen, in denen die resistenzbedingten Todesfälle zwischen 1990 und 2021 am stärksten gestiegen sind. Die weiteren Regionen sind das tropische Lateinamerika, Westafrika sowie Südasien und Südostasien. Bis 2050 werden die höchsten Steigerungsraten in Südasien (darunter Indien), Lateinamerika und Karibik erwartet.
Bessere Behandlung kann Todesfälle verhindern
"Um zu verhindern, dass dies zu einer tödlichen Realität wird, brauchen wir dringend neue Strategien, um das Risiko schwerer Infektionen zu senken, durch Impfstoffe, neue Medikamente, verbesserte Gesundheitsversorgung, besseren Zugang zu vorhandenen Antibiotika und Anleitungen zu deren effektivster Anwendung", sagte Studienautor Stein Emil Vollset vom Norwegian Institute of Public Health.
In einigen Weltregionen sehen die Forscher Grund für Optimismus. Eine bessere Behandlung von Infektionen und ein verbesserter Zugang zu Antibiotika könnten von 2025 bis 2050 weltweit auch 92 Millionen Todesfälle verhindern, insbesondere in Südasien und im südlichen Afrika.
Experten warnen schon seit langer Zeit vor einer zunehmenden Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika. Ein wichtiger Grund dafür ist der falsche oder übermäßige Einsatz der Medikamente. Antibiotika helfen nur gegen Bakterien. Bei viralen Infekten, wozu etwa die meisten Erkältungskrankheiten gehören, sind sie wirkungslos, werden aber trotzdem häufig verschrieben. Trotzdem kann jede Anwendung zur Vermehrung resistenter Bakterien führen.