SONATE-2 Deutsche KI im All
Viel ist derzeit von künstlicher Intelligenz die Rede, in der Raumfahrt aber steckt KI noch in den Kinderschuhen. Ein deutscher Satellit im All soll das ändern.
Eine musikalischere Bezeichnung hätten Deutschlands Raumfahrttechniker kaum finden können: SONATE heißt ihr Satellit. Dieser Name ist gleichzeitig eine Abkürzung für SOlutus NAno SatelliTE - ein ungebundener, freier, selbstständig agierender Minisatellit.
Denn genau darum geht es: SONATE-2 soll ohne menschliches Zutun auskommen und bei seiner Mission ganz auf KI setzen. "SONATE-2 ist etwa so groß wie zwei Schuhkartons", erklärt Hakan Kayal, der Vorsitzende des Interdisziplinären Zentrums für Extraterrestrik der Uni Würzburg. Der Satellit verfügt über zwei ausklappbare Solarpanele und vier entfaltbare Antennen.
Was ist Wasser?
Optisch macht das, was der Raumfahrttechniker beschreibt, nicht viel her. Es sind die Software und die Hardware, die SONATE-2 besonders machen. Dazu gehören gleich acht Kameras. "Diese Kameras gucken Richtung Erde und nehmen verschiedenen Regionen auf, die wir vorher festgelegt haben", so Kayal. "Mit diesen Aufnahmen wolle wir die KI an Bord trainieren."
Den Grundstein für dieses Training haben die Wissenschaftler noch auf der Erde, vor dem Start, gelegt: Der Software von SONATE-2 wurde beigebracht, welche landschaftlichen Formationen wie aussehen. "Was Wasser ist, was nicht Wasser ist, was Reflexionen sind und wie sich Schnee von Wolken unterscheidet - das ist alles schon vortrainiert." Dafür war Oleksii Balagurin von der Luft- und Raumfahrtinformatik der Uni Würzburg zuständig. Er ist der Projektleiter von SONATE-2. "Wir wollen mit unserer KI beispielsweise Erde von Wasser von Wolken unterscheiden."
Das kann die KI von SONATE-2 mittlerweile. Nun geht es ab in eine Erdumlaufbahn. Dort soll sie das antrainierte Wissen anwenden und zeigen, was sie gelernt hat. "Das Ziel ist es, Anomalien zu erkennen", sagt Wissenschaftler Kayal. Dazu habe die KI gelernt, wie die Erde aussehe. "Wenn ihre Kameras etwas entdecken, was die KI noch nicht kennt, wird das als Anomalie detektiert."
Auf der Suche nach Anomalien
Die Kameras des Satelliten schauen hinunter und gleichen das, was sie auf dem Boden sehen, mit dem ab, was sie auf dem Boden gelernt haben. Passt etwas nicht zusammen, wird SONATE-2 bei bestimmten Objekten hellhörig. Das können zum Beispiel kreisrunde Bewässerungsvorrichtungen sein, Anlagen in geometrischen Formen also.
"Wir haben der KI beigebracht, was Wüste ist - und wenn darin eine runde Bewässerungsanlage auftaucht, soll das System das selbständig als Anomalie erkennen können", erläutert Kayal. Anomalien wären aber auch eine Oase mitten in der Savanne oder Risse in einem Eisschild.
Das Bundeswirtschaftsministerium fördert SONATE-2 mit 2,6 Millionen Euro. Denn die Pläne reichen weiter: In Zukunft soll diese KI im All auf andere Planeten oder Monde im Sonnensystem erweitert werden. In einem nächsten Schritt soll SONATE-2 seine Kameras also wegdrehen von der Erde und stattdessen hinausschauen ins Sonnensystem. Denn wer weiß schon, was sich dort für Anomalien tummeln - ob Kreise, Dreiecke oder Linien. Dazu gehören Formationen, die aufgrund von geologischen Aktivitäten entstanden sind, so wie auf der Erde. Aber auch biologische oder biochemische Aktivitäten können geometrische Formen hervorrufen.
Sind wir allein im All?
Letztlich könnte die nächste Generation von SONATE-Satelliten sogar dabei helfen, die Frage zu beantworten, ob wir allein sind im All - oder zumindest im Sonnensystem. "Es ist denkbar, dass Artefakte im Sonnensystem entdeckt werden, die nicht menschlichen Ursprungs sind", glaubt Kayal. "Es kann sein, dass außerirdische Raumschiffe vor langer Zeit einmal vorbeigeflogen sind, vielleicht gelandet oder abgestürzt sind oder Teile davon vorhanden sein könnten im Sonnensystem."
Und dann müssten sie eigentlich immer noch da sein, so die Überlegung. "Es könnte sein, dass mit der Technologie, die wir jetzt erproben, auch solche möglicherweise künstlichen Artefakte erkannt werden können." Denn für die KI wäre auch außerirdische Technologie nichts Ungewöhnliches: Es wäre lediglich eine weitere Anomalie.
SONATE-2 erfolgreich gestartet
Am Montag ging die Reise für SONATE-2 an Bord einer "Falcon 9"-Rakete los, auf dem Boden beginnen die Analysen. Projektleiter Balagurin und sein Team werden auf dem Hubland-Campus der Uni Würzburg die Daten aus dem All empfangen. "Wir sind in der heißen Phase, in der wir den Überflug von SONATE-2 über Deutschland simulieren."
Dreimal am Tag wird der Satellit für zehn Minuten erreichbar sein. "In diesen zehn Minuten müssen wir jeweils unsere Tagesplanung hoch- und die Daten von Experimenten runterladen." Dann wird sich bald herausstellen, was die außerirdische KI kann.