Fund in Bayern Extrem seltene Maus wiederentdeckt
Verschollen, verschwunden oder gar ausgestorben? Die Bayerische Kurzohrmaus wurde vor mehr als 60 Jahren entdeckt und seitdem in Deutschland nicht mehr gesichtet - bis jetzt.
Sie ist eines der seltensten Säugetiere der Welt: Microtus bavaricus, die Bayerische Kurzohrmaus. In Tirol konnten in den vergangenen Jahrzehnten zwar einige Tiere gefangen werden, auf bayerischem Boden aber galt sie seit ihrer Entdeckung durch den Zoologen Claus König vor mehr als 60 Jahren als verschwunden.
Doch König war überzeugt: "Sie ist nicht verschollen, sondern wurde nur nicht gefunden, weil man meines Erachtens zu wenig darauf geachtet hat, dass sie überwiegend unterirdisch lebt."
Maus tappte in Oberbayern in die Falle
Im Herbst 2023 bestätigte sich schließlich Königs Vermutung. Eine Bayerische Kurzohrmaus ging dem Biologen David Stille bei einer Fangaktion in der Nähe von Mittenwald im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen in die Falle.
Das Bayerische Landesamt für Umwelt arbeitet schon länger an einer umfassenden Dokumentation der Kleinsäugerfauna in den Bayerischen Alpen. Mehr als 30 Kleinsäugerarten leben in Bayern, zum Beispiel Siebenschläfer, Igel und Mäuse, aber auch Hörnchen und Hamster. Dabei lag der Fokus zuletzt vor allem auch auf den seltenen Arten, wie der Bayerischen Kurzohrmaus - übrigens das einzige Säugetier, das "Bayerisch" im Namen trägt.
DNA-Analysen bestätigen Vermutung
Bei ihren Untersuchungen arbeiteten die Biologen zunächst mit Kamerafallen. Waren die Bilder vielversprechend, wurden daraufhin Lebendfallen aufgestellt. Anhand von Kotproben führte man dann DNA-Analysen der gefangenen Mäuse durch.
Die Ergebnisse wurden mit den seit 1962 in der Bayerischen Staatssammlung deponierten Exemplaren verglichen: "Wir haben ja selbst nicht mehr so richtig daran geglaubt, dass es noch klappen könnte, aber ja, die Genetik war ganz eindeutig, 100 Prozent Übereinstimmung", sagt der Biologe Stille.
Sie kommt ausschließlich in Bayern und Österreich vor: Die Bayerische Kurzohrmaus gehört zu den Wühlmäusen, hat sehr kleine Augen und Ohren und lebt hauptsächlich unterirdisch.
Microtus bavaricus nur in Bayern und Österreich
Die ersten Exemplare hatte Entdecker König damals der Staatssammlung zur Verfügung gestellt. Während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Staatlichen Vogelschutzwarte Garmisch-Partenkirchen war seiner Frau, Ingrid König, und ihm in den 1960er-Jahren nämlich eine ungewöhnliche Mausart aufgefallen.
Nach Vergleichen von Schädeln und Zähnen mit anderen Wühlmäusen identifizierte König diese als eine neue Art, die er nach ihrem Fundort als Bayerische Kurzohrmaus oder "Bavaricus" benannte. Molekularbiologische Tests bestätigten später die Entdeckung.
Die Bayerische Kurzohrmaus gehört zu den Wühlmäusen, hat sehr kleine Augen und Ohren, lebt hauptsächlich unterirdisch und kommt ausschließlich in Bayern und Österreich vor. "Ihr Sehvermögen ist wirklich schlecht ausgeprägt. Das kann man auch rein von der Anatomie schon sehr gut erkennen, weil die Augen winzig klein sind, also wirklich ganz kleine Knopfaugen", beschreibt Nina Hieger vom Alpenzoo Innsbruck die Kleinwühlmausart.
Alpenzoo Innsbruck gelingt Erhaltungszucht
Der Alpenzoo Innsbruck ist spezialisiert auf besonders seltene Arten wie die Bayerische Kurzohrmaus. Unter der Leitung von Direktor André Stadler rief der Zoo in den vergangenen Jahren ein neues Projekt zu der bedrohten Spezies ins Leben - und zwar durchaus erfolgreich. Denn die Tiere konnten sich inzwischen erfolgreich fortpflanzen und wurden bereits an Zoos in Deutschland und Österreich weitergegeben.
Wie alle Wühlmäuse haben auch Bayerische Kurzohrmäuse eine wichtige Dienstleisterfunktion im Ökosystem. Sie gestalten ihren Lebensraum um: Sie lockern den Boden auf und verschleppen Samen in neue Gebiete. Als Nächstes wird es nun darum gehen, die bekannten Lebensräume unter Schutz zu stellen - damit die Bayerische Kurzohrmaus in ihrer Heimat eine Zukunft hat.
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