Vulkanausbruch DNA-Analyse enthüllt Irrtümer über Pompeji-Opfer
Ein internationales Forschungsteam hat DNA-Reste der Opfer des Vulkanausbruchs in Pompeji analysiert - und Überraschendes zutage geführt. Die Ergebnisse widersprechen bisher gängigen Erzählungen.
Der Vulkanausbruch von Pompeji im Jahr 79 n. Chr. hat einzigartige archäologische Zeugnisse hinterlassen. Mit den im letzten Moment ihres Lebens konservierten Katastrophenopfern wurden auch soziale Szenerien erhalten. Archäologen sprachen von Familien, Mutter und Tochter oder vom Liebespaar. Jetzt hat ein Forschungsteam mit Hilfe der Genanalyse diese Annahmen überprüft.
In Ascheregen und Lava konserviert
Die Städte Herculaneum und Pompeji wurden beim Vulkanausbruch meterhoch mit Ascheregen, Glutlawinen und Lava bedeckt. Obwohl das Weichgewebe verfiel, wurden Körperformen und Positionen der Toten in der Asche- und Gesteinsschicht als Hohlformen erhalten. Sie wurden mit Gips ausgegossen und vermitteln einen bewegenden Eindruck vom letzten Moment im Leben der Pompejianer. So wurden die Abgüsse von zwei Erwachsenen und zwei Kindern in einem Raum im "Haus des Goldenen Armbands" bisher als Familie betrachtet.
Heute stehen nur noch Ruinen: Vor knapp 2.000 Jahren wurde Pompeji meterhoch mit Ascheregen, Glutlawinen und Lava bedeckt.
DNA der 2000 Jahre alten Katastrophenopfer
Ein Team um die Biologin Elena Pilli von der Universität Florenz hat nun DNA-Proben aus den Überresten von 14 Opfern entnommen, um deren Verwandtschaftsverhältnisse zu klären. Sie konnten zeigen, dass es sich bei der Gruppe aus dem "Haus des goldenen Armbands" nicht um eine Familie handelte. Die vermeintliche Mutter mit dem goldenen Armband und dem Kind auf dem Schoß entpuppte sich als Mann und war mit dem fünf bis sechs Jahre alten Jungen auf seinem Schoß nicht verwandt.
Der im selben Raum gefundene Mann und ein Jugendlicher waren ebenfalls mit den anderen nicht verwandt. Aus einem anderen Gebäude stammte ein sich scheinbar umarmendes Paar, das bisher für Schwestern oder Mutter und Tochter gehalten wurde. Die DNA-Analyse zeigte aber, dass mindestens eine der beiden Personen ein Mann war.
Traditionelle geschlechtsspezifische und familiäre Annahmen
"Unsere wissenschaftlichen Daten stimmen nicht immer mit den gängigen Annahmen überein und stellen diese traditionellen geschlechtsspezifischen und familiären Annahmen in Frage", erklärt der Co-Autor der Studie, David Reich von der Harvard Universität. So sei Schmuck etwa lange fälschlicherweise mit Weiblichkeit verbunden und körperliche Nähe als Zeichen biologischer Verwandtschaft gedeutet worden.
Deshalb sei es wichtig, genetische Daten mit archäologischen und historischen Informationen zu integrieren, um Fehlinterpretationen auf der Grundlage moderner Annahmen zu vermeiden, erklärt Alissa Mittnik, Archäogenetikerin vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und Mitglied im Forschungsteam.
Pompeji: Kosmopolitische Metropole
Außerdem enthüllten die genetischen Daten, dass in der römischen Hafenstadt eine genetisch vielfältige Bevölkerung lebte. Demnach waren viele der Pompejianer Einwanderer aus dem östlichen Mittelmeerraum, Anatolien oder Nordafrika. Ein Ausdruck des kosmopolitischen Charakters der Stadt, der Mobilität und des kulturellen Austauschs im Römischen Reich.