Klimaforschung Neue Forschungskuppel für die Zugspitze
Auf der Zugspitze entsteht in fast 3000 Metern Höhe eine der modernsten Messstationen der Welt. Sie soll Daten für die Klimaforschung liefern - und für Gesundheitsfragen.
Schnelle Handgriffe, die Kapuze im Gesicht - immer wieder der Blick zum Himmel. Wind und Wetter sind auf Deutschlands höchster Baustelle der größte Treiber. Der Wind frischt auf, einige Böen erreichen Sturmstärke. Immer wieder auch Regen. "Jetzt müssen wir schauen, dass wir schnellstmöglich die Kuppel noch rauf bringen, sodass nichts mehr davonfliegt," erklärt Andreas Pongratz, Bauleiter der Bayerischen Zugspitzbahn.
Arbeiten in fast 3000 Metern Höhe - die Messstation muss extreme Wetterlagen aushalten können.
Aufbauaktion getrieben von Wind und Wetter
Immerhin müssen die Bauten auf der Zugspitze so einiges aushalten. Pongratz kennt die Bedingungen: "Wir haben erhöhte Ansprüche, ob Schnee, Wind, Blitzschutz oder andere Unwetter." Der Aufwand lohnt sich: Im Austausch mit ganz Europa sollen hier Messungen der Atmosphärenforschung durchgeführt werden.
Ein komplett erneuertes Observatorium lässt das Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) dafür nahe dem Gipfelkreuz errichten. "Das ist ein ganz großes neues Programm, europaweit aufgesetzt", sagt Ralf Sussmann, Leiter der Atmosphären-Forschung am KIT. Die gewonnenen Daten werden mit anderen Forschungseinrichtungen geteilt, verglichen und liefern Aussagen zum weltweiten Klimawandel.
Eine der modernsten Forschungsstationen der Welt
Rund 5,5 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung dem Projekt zugesichert. Hochempfindliche Messgeräte, wie ein Spektrometer, werden in der Forschungseinrichtung verbaut. Das Observatorium auf 2962 Metern gilt damit als eines der modernsten der Welt.
Der Standort auf Deutschlands höchsten Berg ist nicht zufällig gewählt. "Die Zugspitze ist ein besonderer Ort, allein aufgrund der Höhe. Wir sind hier frei von lokalen Quellen und haben damit Informationen aus diesen Atmosphärenmessungen, die aussagekräftig sind für große geografische Areale", erklärt Sussmann. Gerade die Methanmessung am Gipfelkreuz ist aussagekräftig für die komplette nördliche Hemisphäre.
Seit einigen Jahren bemerken die Forscher einen starken Neuanstieg des Klimagases. Die Ursache verortet der Wissenschaftler in Amerika: "Fracking, die Erdgasgewinnung mit diesen nicht-konventionellen Methoden, ist der Antreiber für diesen neuerlichen Methananstieg." Methan ist hundertfach klimawirksamer als CO2 - und dazu noch langlebig. Zehn Jahre bleibt es in der Atmosphäre und verteilt sich komplett in der Hemisphäre. Der Methanausstoß in Amerika betrifft damit auch Deutschland.
Auch Gesundheitsforschung
Die Forschungseinrichtung kann aber nicht nur die langlebigen Gase in der Atmosphäre feststellen. Auch kurzlebige Bestandteile lassen sich mit der neuen Kuppel vermessen. Für Sussmann und seine Kollegen tut sich damit ein neuer Forschungsfokus auf, denn kurzlebige Gase, wie Ammoniak, sind Reizgase für die Atmung und die Augen. "Bisher geht’s eigentlich ums Klima in unserer Forschung und jetzt durch diese Ergänzung mit den kurzlebigen Bestandteilen rückt natürlich dieses Gesundheitsthema in ein neues Licht und da erwarten uns spannende Ergebnisse aus diesen Messreihen."
Auf der Baustelle finden währenddessen die letzten Handgriffe statt. Das Wetter hat doch noch gehalten und die Kuppel steht. Sie schützt den Deckendurchbruch ins Labor, und macht die Messgeräte wetterfest. Über zwanzig bis fünfundzwanzig Jahre werden Sussmann und seine Kollegen mit diesen Instrumenten forschen - für einen Einblick in das Klima der Zukunft.
Die neue Kuppel auf dem Observatorium ist montiert. Im Austausch mit ganz Europa sollen hier Messungen der Atmosphärenforschung durchgeführt werden.