Drei Feuerwehrleute kehren die Reste eines Unfallwagens zusammen.

Verkehrssicherheit Verletzungsrisiko für Frauen im Auto ist höher

Stand: 24.10.2024 17:58 Uhr

Eine neue Studie zeigt, welche Faktoren das Verletzungsrisiko bei einem Autounfall wesentlich beeinflussen. Die Forschenden geben Tipps, wie sich Autofahrer besser schützen können.

Von Barbara Koller und Lilly Zerbst, SWR

Autos werden immer sicherer. Verkehrsunfälle mit schweren Verletzungsfolgen kommen verhältnismäßig selten vor. Trotzdem verletzten sich 2023 laut Statistischem Bundesamt mehr als 20.000 Menschen bei Pkw-Unfällen schwer. Mehr als tausend Autoinsassen starben.

Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft hat nun in einer neuen Studie mittels statistischer Modelle erforscht, welche Faktoren den Grad einer Verletzung bei Autounfällen maßgeblich beeinflussen.

Hohes Verletzungsrisiko für Menschen über 50

Auffällig ist bei der Studie: Das Alter spielt eine wichtige Rolle. Bei Autounfällen haben Ältere ein bis zu 3,5-mal so hohes Verletzungsrisiko im Vergleich zu Jüngeren - und zwar in allen Crash-Szenarien, erklärt die UDV-Leiterin Kirstin Zeidler im Interview mit dem SWR. "Das liegt daran, dass ältere Personen nicht mehr die gleiche Knochendichte mitbringen wie Jüngere, nicht mehr die gleiche Muskelkraft haben und manchmal auch Vorerkrankungen eine Rolle spielen."

Neue Technik kann das Verletzungsrisiko senken

Gurte und Airbags retten Leben, hätten sich in den letzten zwanzig Jahren jedoch kaum weiterentwickelt, bemängelt Zeidler. Unabhängig von der Unfallschwere oder dem Alter der Insassen arbeiteten sie in aller Regel bei sämtlichen Autounfällen mit der größtmöglichen Intensität. Das führt Zeidler zufolge dazu, dass Menschen über 50 öfter schwere Brustkorbverletzungen erlitten, die Langzeitfolgen verursachen oder sogar zum Tod führen könnten.

Intelligente Rückhaltesysteme für Autogurte könnten das Verletzungsrisiko minimieren, so Zeidler. Dabei erkennen Sensoren die Schwere des unmittelbar bevorstehenden Unfalls. Die Sensoren leiten diese Informationen an die Rückhaltesysteme weiter. Bei leichten Unfällen würde der Gurt dann automatisch nicht so stark ziehen. Bei schweren Unfällen dagegen würde der Gurt mit maximaler Intensität eingreifen.

Crashtest-Dummys bilden die Bevölkerung unzureichend ab

Ob solche Gurte wirklich funktionieren, kann in Crashtests untersucht werden. Ist ein Crashtest-Dummy mit sensibler Messtechnik im Brustbereich ausgestattet, kann überprüft werden, wie stark der Gurt zurückhält und ob es möglicherweise zu einer Brustkorbverletzung kommen würde.

Doch solche modernen Crashtest-Dummys seien nicht flächendeckend im Einsatz, kritisiert Zeidler. Oft werden heute immer noch Crashtest-Dummys verwendet, die bereits vor über 30 Jahren entwickelt wurden. Sie bilden die alternde Gesellschaft nicht mehr zufriedenstellend ab. Das müsse sich ändern, findet Zeidler.

Sie fordert deshalb, die Verwendung moderner Dummys in der Breite voranzutreiben. Zudem müsse die Weiterentwicklung der Dummys im Blick behalten werden: Messinstrumente sollen weiter verfeinert und Grenzwerte für Ältere festgelegt werden.

Fahrzeuggröße, Körpergröße und Sitzplatz wichtig

Neben dem Alter gibt es noch weitere Faktoren, die das Verletzungsrisiko beeinflussen. Insbesondere Sitzplatz, Körper- und Fahrzeuggröße haben Auswirkungen darauf, wie schwer jemand verletzt wird.

Das hat insbesondere Folgen für Frauen: "Frauen sitzen sehr häufig in Kleinwagen, deutlich mehr als Männer, und Kleinwagen sind gefährdeter als große, schwere Fahrzeuge", erklärt Zeidler. Frauen befänden sich auch öfter auf dem Beifahrerplatz als Männer. Auch das führe zu einem höheren Verletzungsrisiko, denn: "Der Beifahrersitz ist, das haben wir rausgefunden, 1,5-mal so gefährdet wie der Fahrersitz", sagt Zeidler. Dazu kommt, dass das Verletzungsrisiko für Beifahrerinnen fast doppelt so hoch ist wie für Beifahrer, so die Ergebnisse der Studie. Zeidler schreibt dies der Körpergröße zu, denn Frauen sind im Schnitt kleiner als Männer, sieht hier aber noch weiteren Forschungsbedarf.

Eine kleine Körpergröße ist auch aus Fahrersicht problematisch: Um an die Pedale zu kommen, müssen kleine Menschen häufig mit dem Sitz sehr dicht an die Instrumententafel rücken. Bei Frontalzusammenstößen kann dies zu Verletzungen der Beine führen.

So lässt sich das eigene Verletzungsrisiko senken

Kleine Menschen sollten vor allem darauf achten, im Fahrersitz genug Beinfreiheit zu haben, empfiehlt Zeidler. Höhenverstellbare Gurte könnten helfen, die Position des Gurtes optimal einzustellen. Und: Man sollte beim Autokauf auch auf eine gute Sicherheitsausstattung achten. Eine Orientierung biete hier die Übersicht der Verbraucherschutzorganisation Euro NCAP, so Zeidler.

Dieses Thema im Programm: Über das Thema berichtete das Wissenschaftsmagazin Impuls am Do. 17.10. 2024 ab 16:05 Uhr in SWR Kultur.