Ein toter Wolf liegt an einer Straße

Wildtierforscher Haupttodesursache für den Wolf ist der Straßenverkehr

Stand: 24.07.2024 14:45 Uhr

Wölfe sind in Deutschland streng geschützt. Jedoch schießen immer wieder Menschen verbotenerweise auf die Raubtiere. Laut Leibniz-Institut sind aber Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache.


Seit dem Jahr 2006 obduziert das Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Berlin die meisten der tot aufgefundenen Wölfe in Deutschland. Insgesamt sind es bislang 1.000 Exemplare, so Heribert Hofer, Direktor des Leibniz-IZW. Untersucht werden Todesursache, Gesundheitszustand und auch Mageninhalt der Tiere.

Drei Viertel der toten Wölfe sind auf Straßen gestorben

Seit fast einem Vierteljahrhundert gibt es in Deutschland wieder Wolfswelpen.
Beim jüngsten Wolfsmonitoring wurden mehr als 1.339 Wölfe in Deutschland nachgewiesen, verteilt über fast alle Bundesländer, mit Schwerpunkten in Sachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen. Auch die Totfunde stammen aus den verschiedensten Teilen Deutschlands.

"Unsere Daten zeigen, dass rund drei Viertel der toten Wölfe an einer Kollision im Verkehr sterben - zumeist mit Autos auf Landstraßen oder Autobahnen", sagt die verantwortliche Pathologin Claudia Szentiks. Besonders junge Wölfe, die ihr Elternrudel verlassen und nach einem neuen Territorium suchen, würden häufig Opfer von Verkehrsunfällen.

Viele tote Wölfe werden nicht gefunden

Marie Neuwald, Wolfs-Referentin beim Naturschutzbund NABU, merkt an, dass der Straßenverkehr zwar eine Gefahr darstelle, aber den Wolfsbestand nicht massiv einschränke. Auch gebe es durchaus noch andere Todesursachen, die im Totfund-Monitoring nicht so häufig auftauchten. "Die Wölfe, die an anderen Ursachen sterben wie Krankheiten und Auseinandersetzungen mit anderen Wölfen, werden eher nicht gefunden, denn sie legen sich nicht auf einen Waldweg, um zu sterben."

Wölfe hätten hierzulande zwar keine natürlichen Feinde, erklärt Neuwald, aber ein unkontrolliertes Wachstum des Bestandes gebe es nicht. "Wölfe sind trotzdem Risiken und Gefahren ausgesetzt."

Hauptnahrung sind Rehe und Wildschweine

Analysen des Senckenberg Museums für Naturkunde Görlitz (SMNG) haben ergeben, dass die Wölfe sich überwiegend von Rehen, Wildschweinen, Rothirschen und Damhirschen ernähren. Sie machen 90 Prozent ihrer Nahrung aus. Immer wieder reißen Wölfe auch Weidetiere wie Schafe oder Ziegen. Sie machten aber nur 1,6 Prozent der Nahrung aus, sagt Leibniz-IMZ-Chef Hofer.

"Im Beutespektrum des Wolfes ist das fast vernachlässigbar, für die Weidehalter aber ist es überhaupt nicht vernachlässigbar." Die Schafbesitzer müssten ernst genommen werden. "Wir müssen ihnen großzügig die Möglichkeit geben, ihre Tiere zu schützen, etwa mit Zäunen, und sie großzügig entschädigen, schnell und unbürokratisch. Das ist eine wichtige Sache."

"Wölfe abzuschießen, ist keine geeignete Maßnahme"

NABU-Fachfrau Neuwald meint, vor allem bessere Zäune könnten gut gegen Wolfsrisse helfen. Wölfe zum Abschuss freizugeben, sei hingegen keine geeignete Maßnahme. Schließlich seien die Nutztiere vor allem nachts allein auf der Weide - entwickelten Wölfe Angst vor Menschen mit Gewehren, nütze das den Schafen und Ziegen in der Nacht wenig.

Derzeit ist das absichtliche Stören, Fangen oder Töten von Wölfen verboten. Trotzdem sei jeder zehnte eingelieferte Totfund auf ihrem Tisch illegal geschossen worden, erklärt die Veterinärpathologin Szentiks. "Tatsächlich finden wir sogar in 13,5 Prozent aller untersuchten Wölfe Hinweise auf eine Straftat wie zum Beispiel den illegalen Beschuss, wobei die Tiere nicht immer daran sterben."

Viel geringer ist die Zahl der legal getöteten Wölfe, etwa weil sie sich Menschen gegenüber auffällig verhalten. "Insgesamt 17 Wölfe wurden im Rahmen von Managementmaßnahmen der Bundesländer entnommen", heißt es vom Bundesamt für Naturschutz in Bezug auf die gesamte Zeit seit 1990.

Rolle der Wölfe im Ökosystem

"Wölfe sind hier heimisch, haben eine gute Nahrungsgrundlage und einen Lebensraum, sind selbst wieder hergewandert - warum sollten sie hier nicht leben, fragt NABU-Expertin Neuwald. Außerdem spielten sie eine wichtige Rolle im Ökosystem, weil sie die Populationen der Beutetiere in Schach halten. "Sie gehen auf die schwachen und kranken Tiere sowie die Jungtiere."

Hofer vom Leibniz-IZW weist ebenfalls darauf hin, dass es derzeit in Deutschland jede Menge Rehe, Wildschweine und Hirsche gibt - auch durch die Pflege der Jägerschaft. Zwar sei die Situation komplex, aber "die Jäger haben selbst dafür gesorgt, dass der Wolf nun ideale Bedingungen hat."