Aidsschleifen

Bilanz der Welt-Aids-Konferenz "Kampf gegen HIV braucht mehr Engagement"

Stand: 26.07.2024 17:55 Uhr

Aids ist gut behandelbar, und es gibt große Fortschritte bei der Prävention. Aber es braucht mehr Engagement und verbindliche Finanzierungszusagen, um HIV bis 2030 weitgehend zu besiegen, so das Fazit der Welt-Aids-Konferenz in München.

Von Dorothee Rengeling, BR

Die Welt-Aids-Konferenz in München geht zu Ende und schließt zwar optimistisch, doch die Aids-Pandemie ist nicht beendet. 40 Millionen Menschen weltweit sind mit HI-Viren infiziert. Im Jahr 2022 gab es 1,3 Millionen Neuinfektionen und 630.000 Todesfälle durch Aids.

In drei Regionen steigt die Zahl der HIV-Infektionen

Über 10.000 Fachleute aus Wissenschaft, Medizin, Politik und Selbsthilfegruppen haben sich fünf Tage in München zur 25. Welt-Aids-Konferenz getroffen. Die positive Nachricht: Die Zahl der HIV-Neuinfektionen ist laut UNAIDS - dem gemeinsamen Programm der Vereinten Nationen - seit 2010 weltweit um 39 Prozent zurückgegangen, im östlichen und südlichen Afrika sogar um 59 Prozent.

Aber in drei Regionen der Welt sind sie gestiegen: in Lateinamerika sowie in der Region Naher Osten und Nordafrika, vor allem aber in der Region Osteuropa und Zentralasien. 2023 wurden in der Region Osteuropa und Zentralasien 140.000 neue Infektionen gemeldet, ein Anstieg um 20 Prozent im Vergleich zu 2010.

Und eines ist gleichgeblieben: Aids ist weiterhin nicht heilbar. Aber nach den Worten von Kongresspräsident Christoph Spinner, Infektiologe am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, wurden Daten vorgestellt, die zuversichtlich stimmen. HIV ist mittlerweile sehr gut behandelbar.

Therapien sind sehr gut - aber nicht alle bekommen sie

Mit modernen Therapie-Medikamenten haben HIV-Infizierte eine normale Lebenserwartung. Eines der Ziele der Vereinten Nationen ist es, dass im Jahr 2025 95 % der Menschen mit einer HIV-Diagnose Medikamente erhalten. Bis jetzt hat aber jeder vierte Betroffene keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten.

Auch die Aids-bedingten Todesfälle sollten nach dem Plan der Vereinten Nationen auf 250.000 im Jahr 2025 reduziert werden. Doch dieses Ziel wurde leider nicht erreicht. Aktuell sterben weltweit 630.000 Menschen pro Jahr an der Erkrankung. Umso wichtiger ist es, Neuinfektionen mit HI-Viren zu verhindern.

Neues Präventivmedikament Lenacapavir

Deshalb wurde mit Spannung der Bericht über das neue Präventivmedikament Lenacapavir erwartet. Bisherige Präventivmedikamente müssen täglich als Tablette geschluckt werden. Sie schützen dann zu circa 95 Prozent vor einer HIV-Infektion. Lenacapavir wird nur zweimal pro Jahr gespritzt. In einer ersten Studie wurde das Präventivmedikament an über 2.100 jungen, afrikanischen Frauen zwischen 16 und 25 Jahren aus Hochrisikogebieten getestet. Keine hat sich mit HIV infiziert - das Medikament scheint also zu hundert Prozent vor einer Infektion zu schützen.

Noch ist es aber nicht zugelassen. Und es wird damit gerechnet, dass es teuer ist. Jetzt wurde das Pharmaunternehmen dazu aufgerufen, für ressourcenarme Länder Generika zu erlauben. Denn etwa 95 Prozent alle HIV-Infizierten leben in Entwicklungsländern.

Forderung an die Politik

Die globalen Finanzmittel für den Kampf gegen HIV in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen gehen laut UNAIDS zurück. 2023 sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent auf 19,8 Milliarden US-Dollar. Sie lagen damit um 9,5 Milliarden unter dem bis 2025 benötigten Betrag von 29,3 Milliarden US-Dollar. Auch deshalb riefen Konferenzteilnehmer und Aktivisten in München dazu auf, die finanziellen Anstrengungen global wieder zu verstärken, und dazu müssen jetzt politische Entscheidungen auf den Weg gebracht werden.

Winfried Holz vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH) meint, "so deutlich wie nie zuvor hat diese Konferenz gezeigt: Die Welt verfügt über hoch wirksame Mittel, aber die Finanzierung von Maßnahmen gegen HIV/Aids ist global unzureichend, in vielen Ländern fehlt zudem der politische Wille zu Prävention für die besonders stark betroffenen Gruppen." Die wichtigste Lehre aus München sei, die Erfolge der letzten Jahrzehnte nicht aufs Spiel zu setzen. Die bereits vorhandenen Möglichkeiten müssten endlich allen Menschen zugänglich gemacht werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 22. Juli 2024 um 17:00 Uhr.