Krebs-Früherkennung Was eine Darmspiegelung bringt
Seit Oktober 2002 gehört die Darmspiegelung in Deutschland zur gesetzlichen Darmkrebsvorsorge. Doch was bringt die sogenannte Koloskopie für die einzelne Person und was für unser Gesundheitssystem?
Zum 23. Mal steht der März in Deutschland im Zeichen der Darmkrebsvorsorge. Immerhin erkranken über 60.000 Männer und Frauen hierzulande pro Jahr an Darmkrebs. Seit 2002 gibt es die Darmspiegelung als Kassenleistung für Männer ab 50 und Frauen ab 55. Was bringt sie für den einzelnen Teilnehmer und Teilnehmerinnen und was für die Gesellschaft im Ganzen?
Mit welchen Unannehmlichkeiten muss ich rechnen?
Eine Darmkrebsspiegelung ist sicher kein Vergnügen. Aber die Unannehmlichkeiten halten sich in Grenzen. Am Tag vor der Untersuchung muss man zwei bis drei Liter Abführmittel trinken, um den Darm zu reinigen. Das schmeckt nicht besonders gut.
Bei der Darmspiegelung selbst ist es mittlerweile üblich, per Spritze ein Beruhigungs- und ein Schmerzmittel zu geben. Auf Wunsch ist auch eine kurze Narkose möglich. Dadurch ist die Untersuchung selbst wenig belastend.
Gesundheitliche Risiken bei der Darmspiegelung
Die Vorsorgeuntersuchung birgt auch Risiken: Bei etwa jeder dreihundertsten Untersuchung gibt es Komplikationen, zum Beispiel Herz-Kreislaufprobleme. In sehr seltenen Fällen kann es zu einer Perforation der Darmwand kommen, wodurch Darminhalt in die Bauchhöhle übertritt. Dann ist eine größere Operation nötig. Schlimmstenfalls kommt es durch die verabreichten Medikamente durch eine Überdosierung oder eine allergische Reaktion zu einem Herzstillstand. Insgesamt gilt die Untersuchung aber als sehr sicher.
Darmspiegelung senkt persönliches Sterberisiko
Nach einer im Oktober 2022 veröffentlichen Studie aus drei nordeuropäischen Ländern konnte durch eine Darmspiegelung das Risiko, an Darmkrebs zu versterben, in einem Zeitraum von zehn Jahren um 9,7 Prozent gesenkt werden. Hinzu kommt, dass in der Folge der Spiegelung weniger Tumorerkrankungen im fortgeschrittenen Stadium auftreten. Entsprechende chirurgische Eingriffe sind so mit einem geringeren Aufwand verbunden und weniger belastend.
Für ganz Deutschland erhebliches Potenzial
Gingen alle Anspruchsberechtigten zum Screening, ergebe sich folgendes Bild, sagt Patrick Michl, Ärztlicher Direktor der Gastroenterologie am Uniklinikum in Heidelberg. "Wenn wir das auf Deutschland hochrechen, dann ergibt sich eine Zahl von 10.000 pro Jahr, wo wir den Krebstod verhindern können. Und das ist aber auch für unsere Gesellschaft etwas, das große Therapiekosten verhindert." Eine halbe Milliarde Euro Therapiekosten ließen sich einsparen, wenn alle Anspruchsberechtigten den Termin zur Darmspiegelung wahrnehmen, so Michl.
Krebs-Früherkennung: Risiko für Überbehandlung
Krebs-Früherkennung ist normalerweise ein zweischneidiges Schwert. Denn es werden immer auch Gewebeveränderungen entdeckt und dann aufwendig behandelt, die nicht bösartig geworden wären und den Betroffenen Zeit ihres Lebens keine Beschwerden bereitet hätten. Die überflüssigen Operationen, Bestrahlungen oder chirurgische Eingriffe sind ein erheblicher Schaden.
Besonderer Vorteil der Darmspiegelung
Doch genau in Bezug auf diese belastenden Überbehandlungen steht die Darmspiegelung besonders gut da. Denn bei ihr werden in der Regel keine Tumore erkannt, sondern Polypen im Darm. Das sind meist gutartige kleine Wucherungen, aus denen sich aber in einigen Fällen Tumore entwickeln können.
Um diese Gefahr zu bannen, braucht es keine aufwendige Chirurgie, Bestrahlung oder Chemotherapie. Es genügt, die Polypen mit einer Schlinge von der Darmwand abzuschneiden und aus dem Darm zu entfernen. So kann die Darmspiegelung, als eine der ganz wenigen Vorsorgemaßnahmen Krebs tatsächlich verhindern.
In einer früheren Version des Textes wurden Prozent und Prozentpunkte verwechselt. Die Einschätzungen über den Nutzen der Darmkrebsvorsorge wurden deshalb korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen