Gesundheit Für wen eine Grippeschutzimpfung ratsam ist
Bei der alljährlichen Grippe- und Erkältungswelle im Herbst stellt sich für viele die Frage: Lasse ich mich gegen die Grippe impfen? Darf ich überhaupt? Und warum gibt es jedes Jahr eine neue Impfung?
Herbstzeit ist Impfzeit - zumindest, wenn es um die Grippeschutzimpfung geht. Doch bevor man eine Immunisierung gegen die Influenza-Viren wahrnimmt, sollten offene Fragen geklärt sein.
Warum gibt es jedes Jahr eine neue Grippeimpfung?
Grippeviren verändern sich ständig. Das müssen sie, um dem Immunsystem ihres Wirts zu entgehen. Selbst bei gesunden Menschen, die durch viele Infektionen und Impfungen eine starke Immunität gegen verschiedene Grippeviren aufgebaut haben, können neue Viren immer wieder das Immunsystem umgehen und eine Infektion auslösen. Eine solche Immunität schützt aber auch bei neuen Grippeviren oft vor einem schweren Krankheitsverlauf, auch wenn sie eine Infektion nicht verhindern kann.
Etwa zwei Drittel der Infektionen verlaufen leicht oder sogar ganz ohne Symptome, aber bei einem Drittel kommt es zu einer echten Grippe mit schweren Symptomen. Gerade für ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen kann das gefährlich werden und auch tödlich sein. Deswegen ist die Impfung für diese Gruppen besonders wichtig und auch von der Ständigen Impfkommission Stiko empfohlen.
Wie entscheidet sich, gegen welche Varianten geimpft wird?
Labore auf der ganzen Welt untersuchen ständig, welche Grippeviren gerade im Umlauf sind und Versuchen abzuschätzen, welche Varianten sich am stärksten durchsetzen könnten. Diese Daten schicken die Forschenden dann an die Weltgesundheitsorganisation WHO.
Ungefähr im Februar trifft die WHO eine Vorhersage, welche vier Virusstämme bei der nächsten Grippesaison auf der Nordhalbkugel wahrscheinlich dominieren werden. So haben die Impfstoffhersteller Zeit, ihre Impfstoffe entsprechend anzupassen.
Zugelassen sind diese in der Regel bereits und müssen dann keine aufwändigen Studien mehr durchlaufen. Die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe werden aber auch nach der Zulassung laufend untersucht. In Deutschland ist die Impfung gegen alle vier der von der WHO vorhergesagten dominanten Stämme üblich.
Für wen wird die Impfung empfohlen?
Die Stiko empfiehlt die Grippeimpfung auch dieses Jahr hauptsächlich für die Risikogruppen: Menschen ab 60, Schwangere und Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen, sowie diejenigen, die - beruflich oder privat - viel Kontakt mit solchen Risikopatienten haben. Außerdem sollten sich Menschen impfen lassen, die ein erhöhtes Risiko einer Infektion haben, etwa weil sie beruflich mit vielen Menschen in Kontakt kommen.
Dass es für andere Personengruppen keine Empfehlung der Stiko gibt, bedeutet nicht, dass die Kommission von einer Impfung abrät. Bei gesunden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen verläuft eine Infektion in der Regel zwar so leicht, dass kaum ein Risiko einer schweren Erkrankung besteht - weshalb die Stiko dann keine Empfehlung ausspricht - trotzdem können sich auch diese Menschen impfen lassen und damit die Wahrscheinlichkeit senken, sich selbst und andere zu infizieren.
Wie viele Menschen lassen sich impfen?
Insgesamt lassen sich im europäischen Vergleich in Deutschland nur wenige Menschen gegen die Grippe impfen. Während der Pandemie stiegen die Zahlen zwar deutlich an, nehmen jetzt aber wieder ab. In fast allen erfassten Bevölkerungsgruppen liegen die Zahlen im Bundesdurchschnitt unter 50 Prozent. Dabei ist die Impfquote in den neuen Bundesländern deutlich höher als in den alten.
Für die Altersgruppe der über 65-Jährigen hat die Europäische Union eine Zielquote von 75 Prozent festgelegt. Laut Eurostat wurde diese in Deutschland 2022 mit etwas mehr als 43 Prozent deutlich verfehlt. Im europäischen Vergleich ist das etwa im Mittelfeld. Nur Dänemark, Portugal und Irland erreichten die Zielquote. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut hat in diesem Jahr bisher etwa 20 Millionen Impfdosen freigegeben, deutlich weniger als in den Jahren zuvor.
Wie wirksam sind die Impfstoffe?
Weil sich Viren und Impfstoffe ständig verändern, kann die Wirksamkeit der Impfung nur schwer bestimmt werden. Sie basiert hauptsächlich darauf, wie gut die Vorhersage der WHO ist, aber auch auf individuellen Faktoren. Zum Beispiel wirken Impfstoffe bei älteren Menschen insgesamt weniger gut. Für Menschen ab 60 empfiehlt das Robert-Koch-Institut RKI deshalb einen Hochdosis-Impfstoff oder einen sogenannten MF-59-adjuvantierten Impfstoff, der einen Wirkverstärker enthält.
Auch im Nachhinein ist es schwierig zu sagen, wie wirksam die Impfstoffe sind. Das RKI geht aber davon aus, dass sie nicht so wirksam sind wie andere Impfstoffe. Während der 2010er-Jahre schwankte die Wirksamkeit laut RKI ungefähr zwischen 20 und 60 Prozent. Allerdings mildert die Impfung nachweislich den Verlauf einer Grippeinfektion, auch wenn sie sie nicht verhindern kann.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
In der Regel werden die Impfstoffe gut vertragen, und es treten höchstens leichte Nebenwirkungen auf, zum Beispiel Erkältungssymptome oder Schmerzen an der Einstichstelle. Die Grippeimpfung kann auch zusammen mit anderen Impfstoffen gegeben werden, zum Beispiel gegen Corona.
Die meisten Grippeimpfstoffe werden in bebrüteten Hühnereiern hergestellt. Im fertigen Impfstoff dürften nachher zwar keine Bestandteile des Eis mehr vorkommen, trotzdem sollten Menschen mit einer Allergie gegen Hühnereiweiß vorsichtig sein und mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt sprechen.
In seltenen Fällen kann es zu schweren allergischen Reaktionen kommen. Es gibt auch Impfstoffe, die in Zellkulturen hergestellt werden. Bei ihnen besteht dann kein Risiko einer allergischen Reaktion auf Bestandteile aus dem Ei.
Werden die Impfstoffe weiterentwickelt?
Seit einigen Jahren gibt es auch Impfstoffe als Nasenspray. Die werden vor allem bei Kindern empfohlen. Ein neuer Ansatz sind mRNA- und DNA-Impfstoffe gegen Grippe - nach dem Vorbild der Corona-Impfung. Solche neuartigen Grippeimpfstoffe befinden sich gerade in der Entwicklung und könnten in einigen Jahren auf den Markt kommen.
Der entscheidende Vorteil gegenüber herkömmlichen Impfstoffen: Sie lassen sich sehr schnell an aktuelle Varianten anpassen und herstellen und die langwierige Produktion im Hühnerei entfällt.
Als der Heilige Gral der Impfstoffentwicklung gilt ein Universalimpfstoff, der gegen alle Grippeviren wirksam ist und nicht ständig angepasst werden muss. Auch an solchen Impfstoffen arbeiten Forschende, aber noch ist unklar, ob das überhaupt funktionieren kann.