Ein Buckelwal in der Nähe von Iguana Island (Panama).

Arten- und Klimaschutz Wie Wale dem Klima helfen können 

Stand: 19.12.2024 06:27 Uhr

Wie können Arten besser geschützt werden? Darüber haben Wissenschaftler und Politiker bei der Konferenz des Weltbiodiversitätsrats beraten. Mehr Artenschutz könnte auch dem Klima helfen - Beispiel: Wale.

Von Yasmin Appelhans, NDR

Wale sind Teil eines wichtigen Kreislaufs, was das Klima angeht. Denn sie sorgen dafür, dass Kohlenstoff aus der Atmosphäre gebunden wird. Und das über mehrere Mechanismen. 

Transport von Nährstoffen

Eine wichtige Funktion übernehmen Wale bei der Verteilung von Nährstoffen im Ozean. Sie bringen Nährstoffe sowohl von unten an die Oberfläche als auch über weitere Distanzen quer durch den Ozean.  

Denn zum einen tauchen viele Walarten weit in die Tiefe, um dort zu fressen. Dadurch nehmen sie automatisch Nährstoffe an die an sich nährstoffarme Meeresoberfläche mit - und düngen sie so, wenn sie dort Kot und Urin ausstoßen. Die Folge: Durch mehr Stickstoff, Eisen und Phosphor können dort mehr Mikroalgen wachsen, die CO2 aus der Atmosphäre binden.

Aber Wale transportieren Nährstoffe nicht nur aus der Tiefe nach oben. Viele Walarten schwimmen auch zum Paaren und Gebären von nährstoffreichen Futterplätzen in nährstoffarme Gebiete. Auch so düngen Wale bestimmte Bereiche des Ozeans und sorgen mit dafür, dass weniger CO2 in der Atmosphäre ist.  

Kohlenstofftransport in die Tiefe

Dazu kommt noch ein anderer Effekt. Sterben Wale und sinken so an den Meeresboden, nehmen sie dadurch auch den Kohlenstoff in ihren Körpern mit in die Tiefe. Einige Tiefseeorganismen ernähren sich zwar von den Walkadavern. Der Kohlenstoff verbleibt so aber für hunderte bis tausende Jahre in den großen Tiefen und gelangt nicht wieder in die Atmosphäre.

Bestände geschrumpft

Doch die Bestände schrumpfen: Das liegt zum einen daran, dass noch immer Wale gefangen werden. Zum anderen haben sich die Bestände seit den 1960er Jahren, der Hochzeit des Walfangs, nicht erholen können. So ist der Bestand an Blauwalen beispielsweise zwischen 1890 und 2001 um 98,9 Prozent geschrumpft. Der kommerzielle Walfang ist inzwischen verboten. Länder wie Japan, Island und Norwegen allerdings fangen noch immer bestimmte Walarten, teils vorgeblich zu Forschungszwecken.  

Wir sollten alles tun, was uns hilft, die natürlichen Kohlenstoffkreisläufe zu stärken, sagt Meeresbiologe und Klimaforscher Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. "Das bedeutet, dass wir die Bestände der überfischten Tiere wieder aufbauen sollten." Schützt man also Fische und Wale, kann das nicht nur gut für den Artenschutz, sondern auch den Klimaschutz sein.

Politisch anerkannt

Dass Artenschutz auch Klimaschutz bedeuten kann, erkennen inzwischen nicht nur Forschende, sondern auch die Politik an. So sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke am Rande der Weltklimakonferenz in Baku vor einigen Wochen: "Dass diese Dinge miteinander verzahnt sind und nicht getrennt voneinander gelöst werden können, wird immer deutlicher. Und dass natürlicher Klimaschutz sowohl für die Vorsorge, für die Klimaanpassung als auch für das Einspeichern von CO2 in natürlichen Ökosystemen der Schlüssel ist."

So sollen zukünftig die Weltklima- und die Weltbiodiversitätskonferenz auch stärker zusammenarbeiten.  

Auch an Land effektiver Arten- und Klimaschutz

Neben dem Schutz von Walen können dabei auch andere Maßnahmen sowohl der Biodiversität als auch dem Klima nützen. Werden zum Beispiel Moore wiedervernässt oder Wälder so wiederaufgeforstet, dass keine Monokulturen entstehen, kann das sowohl zu einem größeren Artenreichtum bei Tieren und Pflanzen in den Bereichen als auch zu größeren Kohlenstoffsenken führen.  

Eine Studie geht davon aus, dass wenn weltweit nur 15 Prozent von Landflächen in strategisch sinnvollen Gebieten renaturiert würden, ungefähr 60 Prozent der sonst aussterbenden Arten geschützt würden. Gleichzeitig würden langfristig 300 Milliarden Tonnen CO2 gebunden. Das entspricht ungefähr 14 Prozent der gesamten seit Beginn der Industrialisierung von der Menschheit ausgestoßenen CO2-Menge.  

Hans-Otto Pörtner warnt allerdings davor, ausschließlich auf Renaturierungsmaßnahmen zu setzen. "Die Raten, mit denen uns diese Systeme CO2 abnehmen, sind sehr langfristig und sie können in keinem Fall ein Ersatz für das ambitionierte Runterfahren der Emissionen sein", sagt er. "Wir sollten sie nicht als Entschuldigung benutzen, weiter fossil unterwegs zu sein."