Instrument zur CO2-Reduzierung Emissionshandel - mehr Schaden als Nutzen?
Die Grundidee leuchtet ein: Wer klimafreundliche Technologien benutzt und CO2-Emissionen einspart, soll belohnt werden, wer den Ausstoß an Schadstoffen erhöht, muss draufzahlen. So sollen die Treibhausgase auf Dauer reduziert werden. Kritiker bezweifeln den ökologischen Nutzen des Emissionshandels aber.
Von Oliver Steen, ARD-Aktuell
Das Ziel des Emissionshandels ist ambitioniert: der Schutz des Klimas. Treibhausgasemissionen sollen mit dem Handel von Emissionen dort reduziert werden, wo dies am kostengünstigsten möglich ist. Und das geschieht nach dem so genannten "Cap and Trade-System". Das Prinzip ist einfach: Von der Politik wird ein nationales Budget an Treibhausgasen festgelegt. Entsprechend diesem Budget werden Gutschriften pro Tonne Treibhausgas in Form von Zertifikaten ausgegeben.
Kraftwerke und Fabriken werden durch die Zertifikate zur Emission von Treibhausgasen berechtigt. Wichtig ist, dass fortlaufend das Budget für Zertifikate (cap) und damit die nationalen Emissionen verringert werden. Die Zertifikate sind frei handelbar und ihr Preis wird durch die Nachfrage am Markt bestimmt (trade). Aktuell kostet eine Tonne CO2-Emissionen zwischen 13 und 14 Euro.
Kraftwerke können Emissions-Zertifikate erwerben.
Wer Emissionen spart, darf Zertifikate verkaufen
Wer mit seiner Kraftwerks- oder Fabrikanlage also klimaschädliche Gase ausstößt, muss im Emissionshandel für jede ausgestoßene Tonne über die entsprechende Zertifikatsmenge verfügen. Wer nicht genügend Zertifikate besitzt, kann die Emissionen mit klimafreundlichen Technologien verringern oder muss zusätzliche Zertifikate erwerben.
Zertifikate verkaufen kann, wer Emissionen gesenkt und somit über ein Plus an Zertifikaten verfügt. Die Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) im Umweltbundesamt gewährleistet, dass der Emissionshandel als Klimaschutzinstrument erfolgreich ist und sichert dies mit einem effizienten Überwachungs- und Sanktionssystem.
Handel noch nicht umfassend genug
In der Europäischen Union wurde der Emissionshandel am 1. Januar 2005 eingeführt. Seitdem nehmen ausschließlich Unternehmen der stromintensiven Industrie und der Energiewirtschaft daran teil. So umfasst europäische Emissionshandel zurzeit nur einen Teil aller Treibhausgasemissionen und der Verursacher.
Darin enthalten sind die Kohlendioxid-Emissionen aus der Stromerzeugung in thermischen Kraftwerken ab 20 Megawatt Leistung und aus den fünf Industriebranchen: Eisen- und Stahlverhüttung, Kokereien, Raffinerien, Zement- und Kalkherstellung, Glas-, Keramik- und Ziegelindustrie, sowie Papier- und Zelluloseproduktion. Zusammen machen diese Industrien etwa 50 Prozent der europäischen Kohlendioxidemissionen und 40 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der teilnehmenden Länder aus.
Noch nicht erfasst werden Treibhausgase wie zum Beispiel Methan. Außerdem sind die Privathaushalte, andere Industrien und Gewerbe, die Landwirtschaft und der Transportsektor ausgenommen. Ab 2012 soll jedoch der Flugverkehr in den Emissionshandel mit einbezogen werden, ab 2013 sollen neben Kohlendioxid auch weitere Treibhausgase wie zum Beispiel Methan und zusätzliche Anlagen hinzukommen. Es gibt auch Überlegungen, den Schiffsverkehr zu integrieren.
Ab 2012 soll der Luftverkehr in den Emissionshandel mit einbezogen werden.
Mehr Schaden als Nutzen?
Umweltschutzverbände befürchten, dass der Emissionshandel und das damit verbundene Prinzip von Angebot und Nachfrage eine Bevorzugung von Kernenergie bewirken könnte. Weiter wird befürchtet, dass die Politik nach einem ersten kurzfristigen Erfolg ihre ursprünglichen Ziele vergisst und die Reduktionsziele erheblich ändert.
Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn vom ifo-Institut unterstützt die Forderung vieler Umweltökonomen nach einem weltweiten Handel mit Emissionszertifikaten für Kohlendioxid. Er weist jedoch darauf hin, dass die Einführung eines solchen Systems rasch und global abgestimmt erfolgen muss, und sich alle Länder daran beteiligen müssen. Eine einseitige Vorgehensweise hält er für problematisch. Dies könne sogar zu einer Beschleunigung des weltweiten Schadstoffausstoßes führen.
Die emissionshandelspflichtigen Anlagen in Deutschland haben 2008 insgesamt 473 Millionen Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen, 14 Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr. Mit über drei Prozent Minderung im Jahr 2008 trugen die am Emissionshandel beteiligten Unternehmen am deutlichsten zur Senkung der Treibhausgasemissionen in Deutschland bei.