"Dinosaurier des Jahres" Negativpreis für Berliner Baugesetz
Das Land Berlin bekommt vom NABU einen Negativpreis - für ein Gesetz, das die Wohnungskrise in den Griff bekommen soll. Das "Schneller-Bauen-Gesetz" fördere Flächenfraß und berücksichtige nicht den Klimaschutz.
Eigentlich sollte das "Schneller-Bauen-Gesetz" das Wohnraumproblem in Berlin lösen: keine komplizierten Genehmigungsverfahren und ein Abbau von bürokratischen Hürden. Doch dabei setze das Gesetz an der falschen Stelle an, begründet NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger die Entscheidung für die Verleihung des Negativpreises - dem "Dinosaurier des Jahres 2024".
"Unter dem Vorwand des Bürokratieabbaus werden Regelungen gestrichen, die für den Klimaschutz, die Artenvielfalt und die Lebensqualität in den Städten unverzichtbar sind", sagt Krüger. Es brauche weiterhin eine lebenswerte Stadt. "Das heißt: Alles, was auf Schnelligkeit zu Lasten von Grünflächen und Kaltluftschneisen geht, ist ein Schritt zurück in die Vergangenheit".
Folgen der Klimakrise treffen vor allem Einkommensschwache
Die Kritik des Naturschutzbundes: Durch die Klimakrise steigt auch die Hitzebelastung in den Städten. Tropennächte, mehr Hitzetage und fehlende Erholungsräume träfen dabei besonders Menschen aus einkommensschwachen Haushalten.
"In unseren Städten leiden besonders diejenigen, die sich kein Haus mit Garten leisten können", kritisiert der NABU-Präsident. "Die in kleinen, engen Wohnungen in hochverdichteten Räumen leben." Auch für diese Menschen brauche es Perspektiven für ein Leben in der Stadt - trotz des Klimawandels.
Veränderungen der Landnutzung, etwa durch Neubauten, zählen laut der EU mit zu den Hauptursachen für den Verlust der Artenvielfalt. Mit der Versiegelung von Grünflächen gehen wertvolle Lebensräume für Vögel, Insekten und Amphibien verloren.
NABU: Wohnungsbau schließt Naturschutz nicht aus
Dirk Stettner, Fraktionsvorsitzender der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, äußerte sich im September anlässlich der ersten Anhörung zum "Schneller-Bauen-Gesetz" in einem Videoclip der CDU-Fraktion auf Facebook so: "Naturschutz ist wichtig, Denkmalschutz ist wichtig, aber wenn wir die Interessen abwägen, dann möchten wir bezahlbaren Wohnraum schaffen für die Mieterinnen und Mieter in Berlin. Und da darf keine Kröte einen Neubau verhindern."
Die Argumentation mit dem vermeintlichen Gegeneinander von Wohnungsbau und Naturschutz kritisiert NABU-Präsident Krüger als nicht weitsichtig genug. Ein Plan für bezahlbaren Wohnraum schließe den Schutz biologischer Vielfalt und einen Plan für wichtige Kaltluftschneisen nicht aus: "Man kann die Komplexität einer Stadt nicht einfach beiseiteschieben."
Naturschutzbund fordert nachhaltigere Alternativen
Statt neue Grünflächen für Neubauten zu opfern, fordert der NABU, das Potenzial bereits versiegelter Flächen besser zu nutzen. Parkplätze, Industriefläche und Supermärkte könnten durch Aufstockung für neue Wohnräume erschlossen werden. Berlin habe genug Raum, um durch diese Art der Nachverdichtung bis zu 75.000 neue Wohnungen zu schaffen, so der Naturschutzbund. Beispiele aus Städten wie Wien oder Kopenhagen zeigten, dass diese Lösungen nicht nur möglich, sondern auch zukunftsorientiert sind.
Ganz im Gegensatz dazu steht das "Schneller-Bauen-Gesetz", dem der NABU jetzt den Negativpreis "Dinosaurier des Jahres 2024" verliehen hat. Denn das Gesetz steht aus Sicht des Naturschutzbundes symbolisch für eine Politik, die eine dringend notwendige ökologische und soziale Stadtentwicklung außen vor lässt. Seit 1993 wird der Preis vom NABU als Zeichen für besonders rückschrittliche Umweltpolitik verliehen und zeichnet nun seit 4 Jahren konkrete Projekte als "Umweltsauerei" aus.