Drei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegen auf einem Tisch

KKH-Zahlen für 2022 Mehr psychische Probleme - vor allem bei Männern

Stand: 25.02.2023 12:54 Uhr

Die Krankenkasse KKH hat Zahlen zu psychischen Erkrankungen vorgelegt. Auffällig dabei: Im vergangenen Jahr gab es deutlich mehr Krankschreibungen wegen Depression oder Angststörungen - gerade bei Männern. Laut KKH ist das eine Folge der Corona-Krise.

Die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen hat laut Zahlen der Krankenkasse KKH im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Die Kasse registrierte bundesweit rund 57.500 Krankschreibungen mit 2,3 Millionen Fehltagen wegen seelischer Leiden. Im Vergleich zu 2021 ist das ein Plus von rund 16 Prozent.

Bei weitem am häufigsten waren laut KKH verschiedene Formen von Depressionen. Zudem verursachten chronische Erschöpfung, Angststörungen sowie sogenannte somatoforme Störungen - also psychosomatisch bedingte Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen ohne organische Ursache - viele Fehltage, erklärte die KKH.

Anstieg bei Männern größer als bei Frauen

Auffällig dabei: Zwar werden weiterhin sehr viel häufiger Frauen wegen psychischer Erkrankungen krankgeschrieben als Männer, allerdings wird der Abstand kleiner. Bei Männern verzeichnete die KKH bei sämtlichen Diagnosen einen deutlich größeren Anstieg als bei den Frauen, vor allem bei Angststörungen und somatoformen Störungen. Bei Angststörungen etwa lag das Plus bei Männern bei mehr als 40 Prozent, bei Frauen bei gut 19 Prozent.

Bewegungsmangel mit negativen Folgen

Die KKH führt den Anstieg vor allem auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurück. Sie hätten sich in den ersten beiden Corona-Jahren kaum gezeigt, im dritten Corona-Jahr dafür umso deutlicher.

"Es sind vor allem die Folgen der Einschränkungen während der Corona-Krise, die sich nun offensichtlich bei den Männern psychisch bemerkbar machen", erklärte KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick. Männer, die etwa vorher im Vereins- oder Mannschaftssport eingebunden waren, hätten während der Pandemie ihre körperliche Aktivität auf ein Minimum reduziert. "Der dadurch entstandene Bewegungsmangel und der fehlende soziale Austausch scheinen sich nachhaltig negativ auf die Psyche, also auf Antrieb und Motivation und die allgemeine Stimmungslage ausgewirkt zu haben", erklärte Judick.

"Sehr hoher Leidensdruck" bei Männern

Hinzu kämen die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs, insbesondere die Inflation. "Da sich Männer häufig mehr Sorgen um ihre Perspektiven im Job und die wirtschaftliche Situation ihrer Familie machen als Frauen, leiden sie möglicherweise besonders stark unter Existenzängsten", erklärte die KKH-Expertin. Frauen gaben hingegen häufiger den Spagat zwischen Job, Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen als Ursache psychischer Belastung an. Dieses Problem habe es bereits vor Corona gegeben, die Pandemie habe sie noch verschärft, so die KKH-Expertin.

"Dass die Männer nun so stark aufholen, zeigt, dass sie einen sehr hohen Leidensdruck haben", so Judick. Denn in der Regel seien Männer nicht weniger krank als Frauen. "Sie verdrängen Gesundheitsthemen aber eher und sehen den Arztbesuch häufig als letzte Option." Frauen hingegen seien schneller bereit, sich medizinische Hilfe zu holen und erhielten deshalb auch mehr Diagnosen.

Länger krank als bei anderen Erkrankungen

Im Schnitt seien psychisch Erkrankte 39,5 Tage im Jahr krankgeschrieben, länger als bei allen Erkrankungen mit durchschnittlich 13,1 Fehltagen. Von allen KKH-Versicherten waren am häufigsten Beschäftigte aus den Bereichen Krankenpflege, Erziehung und Sozialarbeit, Handel und öffentlicher Verwaltung betroffen.

Die KKH Kaufmännische Krankenkasse ist nach eigenen Angaben eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen mit rund 1,6 Millionen Versicherten. Für die Statistik hat die Krankenkasse die Zahl der Kalendertage mit ärztlichem Attest ihrer pflicht- und freiwillig versicherten Mitglieder ausgewertet - ohne Arbeitslose und Rentner.

Hilfe für Betroffene
Beim Verdacht auf eine Depression und als erste Anlaufstelle für Betroffene bieten die bundesweite Telefonseelsorge (https://www.telefonseelsorge.de) und die Stiftung Deutsche Depressionshilfe (https://www.deutsche-depressionshilfe.de) Unterstützung per E-Mail, Chat und Telefon.
Telefonnummern der Telefonseelsorge: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222

In akuten Krisen, Notfällen und bei Suizidgedanken sollte umgehend eine psychiatrische Klinik oder der Notarzt telefonisch unter der 112 kontaktiert werden. Hier können psychiatrische Kliniken in der Umgebung gesucht werden.

Zusätzlich sollte in jedem Fall das Gespräch mit einem Arzt beziehungsweise mit einem Psychotherapeuten gesucht werden. Die hausärztliche Praxis sowie Online-Plattformen können bei der Suche und Vermittlung helfen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 23. Februar 2023 um 08:00 Uhr.