Reise in den Südsudan Ein Versprechen an Papst Franziskus
Die Afrika-Reise des Papstes in zwei von Bürgerkrieg und Hunger geplagte Länder neigt sich dem Ende zu. Im Südsudan fand Franziskus eindringliche Worte - und kann sich über einen Erfolg freuen.
Es ist ein kleiner Moment bei der Ankunft in Juba. Ein paar Sekunden, die als Symbol für die Schwierigkeiten taugen, denen der Papst auf seiner Afrika-Reise begegnet. Zwei südsudanesische Kinder kommen Franziskus auf der Rollbahn entgegen und sollen zur Begrüßung als Zeichen der Hoffnung vor den Augen des Papstes zwei weiße Friedenstauben fliegen lassen.
Die Tauben aber steigen nicht in die Luft, sondern stürzen nach kurzem Flugversuch zu Boden, watscheln in den Schatten des Flugzeuges. Eine gut gemeinte Begrüßungsgeste, die misslingt - so wie viele Versuche der vergangenen Jahre im Südsudan, Frieden zu schaffen.
Dennoch macht der Papst auch in Juba deutlich, dass er sich durch die Schwierigkeiten in seinen Gastgeberländern nicht entmutigen lassen will. Hartnäckig wirbt Franziskus in diesen Tagen für Versöhnung und Frieden. Dabei scheut sich der Papst gegenüber den politisch Verantwortlichen nicht vor undiplomatisch-drastischen Worten.
So wie beim Auftakttreffen in Juba, als der Papst Präsident Salva Kiir Mayardit und dessen rivalisierenden Stellvertreter Riek Machar an ihre Verantwortung für die Menschen im Südsudan erinnerte: "Eure 'Kinder' und die Geschichte selbst, hochverehrte Verantwortungsträger, werden sich an euch erinnern, wenn ihr dieser Bevölkerung Gutes getan habt. Auf der Grundlage dessen, was ihr jetzt tut, werden die künftigen Generationen die Erinnerung an eure Namen ehren oder auslöschen."
Neue Gespräche im Südsudan versprochen
Es gibt einen ersten Hoffnungsschimmer: Präsident Kiir hat Franziskus im Rahmen des Empfangs öffentlich zugesagt, die Friedensgespräche mit den Widerstandsgruppen wieder aufzunehmen. Es wäre ein bedeutender Schritt zur Aussöhnung im Südsudan, nach dem nie ganz umgesetzten Friedensabkommen von 2018.
Seit Gründung des Landes vor fast zwölf Jahren leidet der Südsudan unter bewaffneten Konflikten. Milizen unterschiedlicher Volksgruppen terrorisieren die Bevölkerung, etwa 400.000 Menschen sind in den vergangenen Jahren ums Leben gekommen. Erst kürzlich flammte die Gewalt wieder auf. Die Folge des Dauerkriegs: Nach Angaben von Hilfsorganisationen hungern zwei Drittel der Bevölkerung und sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen.
Kurz vor der Ankunft des Papstes im Südsudan wurden bei einem Massaker 27 Menschen getötet, darunter humanitäre Helfer. Das südsudanesische Rote Kreuz bestätigte den "kaltblütigen" Mord an vier seiner Freiwilligen.
Der Vorfall ereignete sich rund 100 Kilometer von der Hauptstadt Juba entfernt im Bundesstaat Zentral-Äquatoria. "Die Freiwilligen, die Teil des Teams im Bezirk Kajo-Keji waren, wurden mit anderen Gemeindemitgliedern aus ihren Häusern geholt und herzlos getötet", teilte die nationale Rotkreuz-Gesellschaft mit.
Laut Behörden handelte es sich um einen "Racheangriff" für einen zuvor erfolgten Viehdiebstahl, bei dem Hirten und Tiere ums Leben kamen. Vertreter aus Politik und Kirchen verurteilten die Gewalt.
Die Menschen im Südsudan sind überwiegend christlich, die katholische Kirche ist die zahlenmäßig stärkste im Land. Dass die Menschen deswegen besondere Hoffnung in den Besuch das Papstes setzen, war bereits bei dessen Ankunft zu spüren, als Zehntausende auf dem Weg ins Zentrum die Straßen säumten. Mehrere Hundert junge Menschen zogen in einem 400 Kilometer langen Friedensmarsch nach Juba. Einer der Teilnehmer, John Sebit, hofft, dass durch die Präsenz von Franziskus eine schrittweise Veränderung und Versöhnung im Südsudan möglich werde.
Papst will mehr Aufmerksamkeit für Zentralafrika
Franziskus selbst machte schon mehrfach deutlich, dass ihm dieses junge, christlich geprägte Land am Herzen liegt. Mit dem Südsudan ist eine der spektakulärsten Gesten seines Pontifikats verbunden: Vor über drei Jahre küsste Franziskus nach einem gemeinsamen Gebet Salva Kiir und Riek Macher, den früheren Bürgerkriegsgegnern, die Füße - als Ausdruck einer flehenden Bitte um Frieden.
Der Papst will mit seinem Besuch im Südsudan und zuvor in der Demokratischen Republik Kongo aber nicht nur nach innen, sondern auch nach außen wirken und zwei außerhalb Afrikas weitgehend vergessene Kriege wieder ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit bringen.
Berichte über Gräuel im Kongo
Aufrüttelnd und erschütternd waren die Berichte, die Bürgerkriegsopfer aus dem Ostkongo in Kinshasa vor dem Papst verlasen - und die vielen Beobachtern die Tränen in die Augen trieben, etwa bei der Schilderung eines 16-jährigen Jungen: "Mein Vater ist in meiner Gegenwart ermordet worden, von Männern in Militärkleidung. Ich habe gesehen, wie sie ihn in Stücke gerissen haben." Danach folgten Detailbeschreibungen der Gewalt, die nur schwer erträglich waren.
Es sprachen auch Frauen aus dem Ostkongo, die von Vergewaltigungen und Verstümmelungen berichteten. Einige zeigten ihre Armstümpfe - Milizkämpfer hatten ihnen mit Macheten Teile des Arms abgeschlagen.
Der Ostkongo, eine an Bodenschätzen reiche Region, leidet seit Jahren unter Gewalt und dem Terror rivalisierender Milizen. Fünf Millionen Menschen wurden gezwungen, ihre Häuser zu verlassen.
Die Welt schaut gerade woanders hin
Doch für Hilfsprojekte in diesen Konfliktregionen fehle es zunehmend an Geld, klagen Hilfsorganisationen im Südsudan. Auch weil die Spendenbereitschaft der Menschen zurückgegangen ist - möglicherweise weil andere Kriege, wie beispielsweise der in der Ukraine, derzeit stärker wahrgenommen werden. Der Papst hofft wohl, dass sein Besuch dazu beiträgt, dass die Welt wieder stärker nach Afrika schaut.