Unterstützer der Oppositionspartei Alliance du Changement in Mauritius

Inselstaat im Indischen Ozean Abhörskandal überschattet Wahl in Mauritius

Stand: 10.11.2024 06:17 Uhr

Eigentlich ist Mauritius eine ruhige, stabile Demokratie - Premier Jugnauth musste sich keine Sorgen über die heutige Wahl machen. Doch dann kam ein Abhörskandal - und nun ist der Wahlausgang völlig offen.

Lange hatte es so ausgesehen, als ob sich der amtierende Regierungschef von Mauritius, Pravind Jugnauth, keine allzu großen Sorgen machen müsste. Seine Mitte-Links-Koalition lag in Führung, ein ungefährdeter Wahlsieg in Reichweite.

Aber dann kam "Missie Moustass". Ein anonymer Internet-Nutzer, der online brisantes Material veröffentlichte. Es waren Mitschnitte von vertraulichen Gesprächen hochrangiger Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Polizei und Zivilgesellschaft.

Seitdem hat Mauritius sein Watergate. Der Abhörskandal erschüttert die gesamte Insel, und die Regierung steht gewaltig unter Druck. Denn als Reaktion auf die Enthüllungen ließ der Premierminister am Freitag vor einer Woche sämtliche sozialen Medien sperren - aus Gründen der nationalen Sicherheit und bis zum Tag nach der Wahl, wie es hieß.

Opposition hofft auf "Tsunami des Protests"

Was folgte, war ein landesweiter Aufschrei der Empörung. TikTok, Facebook, WhatsApp - alle großen Netzwerke waren nicht mehr erreichbar. Für die Regierungsgegner war es eine Steilvorlage.

Paul Berenger vom Oppositionsbündnis Allianz für einen Wechsel rechnet bei der heutigen Wahl nach den aktuellen Ereignissen nicht nur "mit einer Flutwelle des Protests, sondern mit einem regelrechten Tsunami".

Teure Versprechen

Ministerpräsident Jugnauth ist nach Kräften darum bemüht, die Aufregung zu dämpfen. Die Sperre der sozialen Medien hat er nach nur 24 Stunden wieder zurückgenommen, und den Wählerinnen und Wähler macht er teure Versprechen: "Allen, die in unserem Land arbeiten - sei es im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft - und den Pensionären werden wir ein 14. Monatsgehalt bezahlen."

Außerdem soll es eine deutliche Senkung der Mehrwertsteuer für viele Produkte des täglichen Lebens geben, und zinslose Kredite für Kleinbetriebe.

Der Präsidentschaftskandidat der Allianz für einen Wandel, Navim Ramgoolam, hält dagegen: "Meine Mission ist es, den Ruf unseres Landes wiederherzustellen und den Mauritiern die Freiheit und ihre Rechte zurückzugeben." Der Ausgang der Wahl gilt inzwischen als ungewiss.

Lange Steuerparadies

Dabei gehört Mauritius mit seinen rund 1,3 Millionen Einwohnern zu den reichsten Ländern Afrikas. Arbeitslosigkeit und Armut sind vergleichsweise niedrig. Früher war Zuckerrohr die wichtigste Einnahmequelle, heute lebt das Land vor allem vom Tourismus, der Lebensmittel-, der Textil- und der Finanzindustrie.

Mauritius galt lange als Steuerparadies, Tausende Briefkastenfirmen waren auf der Insel zu Hause. In den letzten Jahren hat das Land auf internationalen Druck seine Regeln zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung deutlich verschärft. Das Land wurde daraufhin von der EU vor drei Jahren von der Liste der sogenannten Hochrisiko-Staaten gestrichen.

Stabile Demokratie im Indischen Ozean

Der kleine Inselstaat liegt im Indischen Ozean, die Küste des afrikanischen Kontinents ist 1.800 Kilometer entfernt. Mauritius ist seit 1968 unabhängig von Großbritannien und gilt als stabile Demokratie, in der die Menschenrechte weitgehend geachtet werden.

In Sachen Pressefreiheit lag Mauritius auf der Rangliste der Organisation Reporter ohne Grenzen zuletzt nur knapp hinter den USA, aber noch vor Ländern wie Bulgarien, Japan oder der Ukraine. Das war allerdings vor dem Missie-Moustass-Skandal und der Sperrung der sozialen Medien.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. November 2024 um 11:11 Uhr.