Debatte über Kandidatur Druck auf Biden steigt - und nun auch noch Corona
Es läuft nicht für Biden: Nun zweifeln zunehmend auch namhafte US-Demokraten an einer erneuten Kandidatur des 81-jährigen Präsidenten. Aus dem Wahlkampf zurückziehen muss er sich nun sowieso erstmal. Biden hat Corona.
Joe Biden kämpft parteiintern darum, seine Präsidentschaftskandidatur zu retten. Und jetzt macht ihm auch noch seine Gesundheit zu schaffen. Der 81-Jährige ist positiv auf Covid-19 getestet worden. Statt Wahlkampf auf großer Bühne muss er sich nun zu Hause in Delaware isolieren. Biden soll leichte Symptome haben. Aufgrund seines hohen Alters gehört er zur Risikogruppe.
Mindestens ebenso gefährlich wie die Erkrankung ist für Biden aber die parteiinterne Debatte um ihn und seine erneute Kandidatur für den Topjob im Weißen Haus. War sie nach dem Attentat auf den Republikaner Donald Trump kurzzeitig in den Hintergrund gerückt, ist sie nun mit Wucht zurück.
Nancy Pelosi erhöht den Druck
Nach mehreren anderen Parteikollegen erhöhten nun offenbar auch zwei prominente US-Demokraten den Druck auf Biden. Die frühere Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hat einem CNN-Bericht zufolge US-Präsident Biden mitgeteilt, dass er laut Umfragen nicht gegen Trump gewinnen könne. Biden könne die Chancen der Demokraten zerstören, die Kontrolle über das Repräsentantenhaus zurückzugewinnen. Demnach soll sie Biden aber nicht ausdrücklich aufgefordert haben, den Weg freizumachen für einen anderen Kandidaten oder eine Kandidatin.
Adam Schiff fordert Rückzug Bidens
Auch der prominente demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, Adam Schiff, meldete sich zu Wort. Schiff, der sich um einen Posten im Senat bewirbt, erklärte, er habe ernsthafte Bedenken, ob Biden den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump im November besiegen könne. Biden habe große Erfolge zu verbuchen, aber es sei an der Zeit, den Weg freizumachen für jemand anderen. "Es steht einfach zu viel auf dem Spiel", mahnte er in einer Erklärung für die "Los Angeles Times". Schiff ist ein Vertrauter Pelosis. Beide haben ihre Wahlkreise im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien.
Wiederwahl gefährdet
Auch auf höchster Ebene bereitet Bidens Beharrlichkeit offenbar Sorgen. Sowohl Chuck Schumer, Mehrheitsführer im Senat, als auch Hakeem Jeffries, Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, hätten in der vergangenen Woche separat Gespräche mit Biden geführt und davor gewarnt, dass dessen Festhalten an seiner Präsidentschaftsbewerbung dazu führen könne, dass die Demokraten die Kontrolle über beide Kongresskammern verlieren könnten. Das berichteten die Washington Post und ABC News unter Berufung auf anonyme Quellen. Schumers Büro teilte als Reaktion auf die Berichte mit, der Senator habe Biden die Ansichten seiner Fraktion übermittelt. Solange die Quelle nicht Schumer oder Biden heiße, bewege sich Berichterstattung im Bereich der Spekulation.
Tatsache ist jedoch, dass neben dem Präsidentenamt bei der Wahl im November auch viele Sitze im Parlament neu vergeben werden. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, im Senat steht ein Drittel der Sitze zur Wahl. Die Demokraten fürchten, dass die Republikaner nach der Wahl sowohl beide Kammern im Kongress als auch das Weiße Haus kontrollieren könnte. Etliche Parlamentarier haben Sorge, dass die fehlende Unterstützung für Biden auch sie die Wiederwahl kosten könnte.
Nominierung per Online-Abstimmung?
Biden sieht sich seit seinem desaströsen Auftritt bei dem ersten Fernsehduell mit Trump mit einer immer weiter anschwellenden Debatte in seiner Demokratischen Partei über seine geistige und körperliche Eignung als erneuter Präsidentschaftskandidat konfrontiert. Inzwischen fordern rund 20 demokratische Kongressabgeordnete und ein Senator Bidens Rückzug - während der Präsident darauf beharrt, der beste Kandidat zu sein.
Noch ist Biden nicht offiziell Kandidat. Bei einem Parteitag im August soll er nominiert werden. Die Demokratische Partei teilte am Mittwoch aber mit, sie wolle den Nominierungsprozess mit einer Online-Abstimmung beschleunigen. Diese könne in der ersten Augustwoche stattfinden und damit vor dem Parteitag der Demokraten, der am 19. August in Chicago beginnen soll. Das Vorhaben der Parteiführung stößt bei Kritikern einer erneuten Kandidatur Bidens auf Ablehnung.
Und nun auch noch Corona
Dass die Debatte um seine Kandidatur nach einer kurzen Atempause nun mit aller Macht zurück ist, trifft Biden zur Unzeit. Der 81-Jährige plagt sich isoliert zu Hause in Delaware mit Corona-Symptomen und kann nicht in die Offensive gehen. Er war gerade in Las Vegas unterwegs, um vor allem bei der hispanischen Bevölkerung um Stimmen zu werben. Eine geplante Rede vor einer Gewerkschaft, die Latino-Arbeiter vertritt, wurde abgesagt.
Biden habe eine laufende Nase, trockenen Husten und allgemeines Unwohlsein, erklärte der Arzt Kevin O'Connor. Er erhält nach Angaben seiner Sprecherin das Corona-Medikament Paxlovid.
Kurz vor Bekanntwerden der Infektion hatte Biden in einem Interview gesagt, im Falle einer schweren Erkrankung aus dem Rennen um das Weiße Haus auszusteigen.