
Meinungsfreiheit in den USA Eine Abschiebung, die einschüchtern soll
Wegen seiner Rolle bei den Gaza-Protesten soll Mahmoud Kahlil abgeschoben werden, trotz unbefristeter Aufenthaltserlaubnis. Der Student ist zum Symbol für die bedrohte Meinungsfreiheit in den USA geworden.
Mahmoud Khalil und seine Frau kommen am Abend von einem Treffen mit Freunden zurück. Als sie ihr Wohngebäude betreten, merken sie, dass sich ein Mann direkt hinter ihnen in den Hausflur gedrängt hat. Dann geht alles ganz schnell. Es kommen weitere Männer in Zivil dazu, die erklären, dass sie Khalil mitnehmen werden. Seine Frau filmt die Situation mit ihrem Handy.
Der 30-jährige Khalil leistet keinen Widerstand. Er versucht seine hochschwangere Frau zu beruhigen und lässt sich von den Männern festnehmen. Es sind Beamte der US-Einwanderungsbehörde die ihn zu einem weißen Auto führen. Seine Frau telefoniert währenddessen verzweifelt mit einer Anwältin.
Abschiebung geplant - trotz gültiger Greencard
Khalil hat vor kurzem erst seinen Abschluss an der Columbia University gemacht. Auf dem Campus war er immer wieder an Protesten gegen Israels Vorgehen im Gazastreifen beteiligt. Jetzt sitzt der Aktivist mit palästinensischen Wurzeln in einer Haftanstalt in Louisiana - einem US-Bundesstaat mit den konservativsten Richtern des Landes, weit weg von seiner Frau und seinem Zuhause in New York City.
Der 30-Jährige soll abgeschoben werden, obwohl er eine Greencard - also eine gültige Aufenthaltsgenehmigung - hat. Die Begründung dafür: Er habe Hamas-verherrlichende Flugblätter verteilt und Antisemitismus verbreitet. Nach Ansicht von US-Außenminister Marco Rubio habe er damit sein Recht auf Anwesenheit in den USA verwirkt. "Wenn du uns bei der Bewerbung für ein Visum erzählst, dass du dich in den USA an pro-Hamas-Aktivitäten beteiligen willst, dann geht das gegen die Interessen unser Außenpolitik"; sagte Rubio. "Dann hätten wir das Visum erst gar nicht erteilt. Jetzt bist du hier, du tust es, also hast du uns belogen. Du bist raus."
Diese selten genutzte Regelung, auf die sich Rubio bezieht, ermöglicht dem Außenminister, Menschen mit Aufenthaltserlaubnis abzuschieben, wenn ihre Anwesenheit als Bedrohung für die außenpolitischen Interessen der USA aufgefasst wird. Beweise dafür, dass Khalil Hamas-verherrlichende Flyer verteilt hat, gibt es nicht. Er selbst bestreitet, was ihm vorgeworfen wird.
"Jemand, der für seine politischen Äußerungen verfolgt wird"
Unterstützung bekommt er auch auf dem Campus der Universität. Es gebe keinerlei Rechtsgrundlage für die Anschuldigungen und die Verleumdungen gegen Khalil, sagt Joseph Howley. Er unterrichtet an der Columbia University und kennt den ehemaligen Studenten.
"Es ist eindeutig, dass er zur Zielscheibe geworden ist, weil er an vorderster Front für die Rechte der Palästinenser und für Frieden und Gerechtigkeit protestiert hat", sagt Howley. "Hier geht es darum, jemanden aufgrund seiner politischen Äußerungen zu verfolgen. Es könnte nicht eindeutiger sein."
Anwalt sieht freie Meinungsäußerung gefährdet
Viele sehen in der Verhaftung von Khalil den Versuch der Regierung unter US-Präsident Donald Trump, die Meinungsfreiheit einzuschränken. Eines der wichtigsten Grundrechte in den USA, festgeschrieben im ersten Zusatzartikel der US-amerikanischen Verfassung. Dieses Recht, stehe ohne Zweifel auch Nicht-US-Bürgern zu, sagt Khalils Anwalt, Ramzi Kassem.
"Mahmoud Khalil wurden alle diese verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten", sagt Kassem. "Das sollte nicht nur Menschen beunruhigen, die um Palästinenser oder um Mahmoud Khalil besorgt sind. Das sollte alle US-Amerikaner beunruhigen, die an freie Meinungsäußerung und ordentliche Verfahren glauben."
Für kommende Woche ist eine erste Anhörung von Khalil geplant. Seine Anwälte versuchen aktuell alles, damit der Fall nicht im Trump-freundlichen Bundesstaat Louisiana verhandelt wird und ihr Mandant wieder zurück nach New York kann.