Nach Attentat auf Kandidaten Präsident verhängt Ausnahmezustand in Ecuador
Nach dem Attentat auf Präsidentschaftsbewerber Villavicencio hat Präsident Lasso den Ausnahmezustand für Ecuador verkündet. Villavicencio war in der Nacht erschossen worden. Laut Umfragen hätte er gute Chancen gehabt, in eine mögliche Stichwahl zu kommen.
Nach den tödlichen Schüssen auf den Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio in Ecuador hat Präsident Guillermo Lasso einen 60-tägigen Ausnahmezustand für das Land verhängt. "Die Streitkräfte sind ab sofort im gesamten Staatsgebiet mobilisiert, um die Sicherheit der Bürger, die Ruhe des Landes und die freien und demokratischen Wahlen am 20. August zu gewährleisten", erklärte Lasso in einer über die Onlineplattform Youtube verbreiteten Ansprache. Die Abstimmung über einen neuen Präsidenten werde demnach wie geplant am 20. August stattfinden.
Zuvor hatte Lasso den nationalen Sicherheitsrat zusammengerufen. "Dies ist ein politisches Verbrechen, das den Charakter von Terrorismus hat, und wir bezweifeln nicht, dass dieser Mord ein Versuch ist, den Wahlprozess zu sabotieren", sagte Lasso. Er rief zudem eine dreitägige Staatstrauer aus.
"Ecuador ist tödlich getroffen"
Villavicencios Wahlkampfberater Patricio Zuquilanda rief internationale Institutionen auf, etwas gegen die wachsende Gewalt in seinem Land zu unternehmen. "Das ecuadorianische Volk weint und Ecuador ist tödlich getroffen", sagte er der Nachrichtenagentur AP. "Politik darf nicht zum Tod von irgendeinem Mitglied der Gesellschaft führen."
Andere Präsidentschaftskandidaten zeigten sich ebenfalls erschüttert über die Tötung Villavicencios und riefen die Regierung zum Handeln auf. "Wenn sie uns anrühren, dann rühren sie uns alle an", erklärte die in den Umfragen führende Linkspolitikerin Luisa González von der Partei Revolución Ciudadana (Bürgerrevolution). Der Kandidat und frühere Vizepräsident Otto Sonnenholzner erklärte: "Wir sterben, ertrinken in einem See aus Tränen und wir haben es nicht verdient, so zu leben. Wir verlangen, dass ihr etwas unternehmt."
Der Botschafter der Europäischen Union in Ecuador, Charles-Michel Geurts, schrieb bei Twitter, er sei entsetzt über die Ermordung Villavicencios. "Gewalt kann nicht gewinnen. Demokratie ja. Volle Unterstützung der Europäischen Union für Sicherheit und friedliche Wahlen in Ecuador".
Schüsse nach Wahlkampfveranstaltung
Der Journalist Villavicencio, der gegen die Korruption im Land gekämpft hatte, war nach einer Wahlkampfveranstaltung in der Hauptstadt Quito erschossen worden. Nach Behördenangaben wurden mindestens neun weitere Menschen durch die Schüsse verletzt, darunter Polizeibeamte und ein anderer Kandidat.
Das Büro der Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, ein Tatverdächtiger sei bei dem Schusswechsel vor Ort schwer verletzt festgenommen worden und auf dem Weg in ein Krankenhaus gestorben. Präsident Lasso bestätigte zudem, dass die Polizei eine vom mutmaßlichen Täter zurückgelassene Granate sicher gezündet habe.
Attentat kurz vor Präsidentschaftswahl
Der 59-jährige Villavicencio war einer von acht Kandidaten für die vorgezogene Präsidentschaftswahl. In jüngsten Umfragen lag der Zentrist mit rund 13 Prozent der Wählerstimmen an zweiter Stelle hinter der Anwältin González. Anfang des Monats hatte Villavicencio erklärt, dass er und sein Team Drohungen erhalten hätten.
Ecuador steckt in einer schweren politischen Krise. Die Zustimmungswerte für Regierung und Parlament sind sehr niedrig. Das Land leidet derzeit zudem unter einer Welle der Gewalt. Die Mordrate von 25 Tötungsdelikten je 100.000 Einwohnern im vergangenen Jahr war die höchste in der Geschichte des Landes und überstieg sogar jene von Mexiko und Brasilien. Die Regierung macht vor allem Drogenhändler für die Gewalt verantwortlich.