Ein Bild der brasilianischen Anti-Terroreinheit, nachdem ein Verdächtiger bei einem Bombenanschlag vor dem brasilianischen Obersten Gerichtshof getötet wurde.

Explosionen in Brasilia Brasilianische Behörden gehen von Terrorakt aus

Stand: 14.11.2024 18:38 Uhr

Einen Tag nach den Explosionen vor Brasiliens Oberstem Gericht geht die Polizei von einem terroristischen Motiv aus. Der Täter war laut Medienberichten ein Lokalpolitiker.

Was steckt hinter den Explosionen in Brasiliens Hauptstadt, just auf dem Platz der drei Gewalten, dem Herzen der brasilianischen Demokratie? Auch am Folgetag bleiben noch immer viele Fragezeichen. Inzwischen aber ermittelten die Behörden wegen eines möglichen Terroraktes, erklärt der Direktor der Bundespolizei, Andrei Augusto Passos Rodrigues. Auch die Anti-Terror-Einheit sei aktiviert worden.

"Ich habe eine polizeiliche Untersuchung angeordnet, die nun an den Obersten Gerichtshof weitergeleitet wurde", sagte Rodrigues. "Und zwar aufgrund der kriminellen Handlungen, die zum einen den demokratischen Rechtsstaat bedrohen und zum anderen terroristische Akte darstellen."

Zwei Explosionen vor dem Obersten Gericht

Was war geschehen? Am Mittwochabend hatte ein Mann versucht, mit Sprengstoff das Oberste Gericht zu betreten. Er scheiterte am Eingang, wo er bei einer Explosion selbst getötet wurde. Laut Brasílias Vize-Gouverneurin Celina Leão gab es bei dem Vorfall keine Verletzten.

Ihren Schilderungen zufolge kam es zu zwei Detonationen: eine in einem Auto auf dem Platz vor dem Obersten Gericht, die zweite einige Sekunden später, als der Mann das Gebäude betreten wollte. Das Motiv bleibt bisher unklar. Nach ersten Erkenntnissen handele es sich um einen Suizid, sagte Leão. Es sei möglich, dass der Mann als "einsamer Wolf" gehandelt habe.

Angreifer laut Medienberichten Lokalpolitiker

Alexandre de Moraes, Brasiliens bekanntester Richter am Obersten Bundesgericht, widersprach. Für ihn ist der Vorfall eine weitere Folge des politischen Hasses und der Polarisierung im Land. Laut übereinstimmender Berichte handelte es sich bei dem Angreifer um einen Politiker, der bei den Lokalwahlen 2020 erfolglos für die Partei des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro kandidiert hatte. 

"Die Leute glauben, sie könnten nach Brasilia kommen, in den Gerichtshof eindringen und ihn in die Luft jagen", sagte Moraes. "Weil sie von vielen Personen dazu angestiftet wurden, leider auch von mehreren Menschen mit hohen politischen Ämtern in der Republik."

Bolsonaro-Anhänger stürmten schon einmal Regierungsviertel

Der Tatort, die Praca dos Tres Poderes, an der sich neben dem Obersten Gericht auch der Kongress und der Präsidentenpalast befinden, war bereits Anfang vergangenen Jahres Schauplatz von Gewalt gewesen. Kurz nachdem Ex-Präsident Bolsonaro die Wahl verloren hatte und sein Nachfolger, der linke Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva, das Amt antrat. Bolsonaro-Anhänger stürmten daraufhin am 8. Januar das Regierungsviertel.

Sie behaupteten ohne Belege, Bolsonaro sei der Wahlsieg gestohlen worden. Im Zusammenhang mit diesen Ereignissen wird gegen Bolsonaro wegen eines versuchten Staatsstreichs ermittelt. Mehrere der Randalierer wurden verurteilt und sitzen im Gefängnis. Bolsonaro selbst hatte mehrmals eine Amnestie für diese, wie er sie nennt, "politischen Gefangenen gefordert.

Vorfall kurz vor G20-Gipfel

Richter de Moraes erklärte, Straflosigkeit werde zu mehr Aggression führen. Moraes, der für sein hartes Durchgreifen gegen Desinformation und Hassreden im Netz bekannt ist und im September die Plattform X sperren ließ, forderte alle demokratischen Kräfte dazu auf, sich zusammenzuschließen.

Auch Ex-Präsident Bolsonaro selbst rief zum Dialog auf. Dabei spielten die Institutionen eine grundlegende Rolle, schrieb er im Onlinedienst X. "Ich habe an alle politischen Strömungen und die Leiter der nationalen Institutionen appelliert, in diesem Moment der Tragödie die notwendigen Schritte zu unternehmen, um auf dem Weg zur nationalen Befriedung voranzukommen", erklärte Bolsonaro.

Der Vorfall ereignete sich wenige Tage vor Beginn des G20-Gipfels der Staats- und Regierungschefs, die sich am Montag in der 1.000 Kilometer entfernten Stadt Rio de Janeiro treffen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. November 2024 um 13:23 Uhr.