Nach Buschbränden auf Hawaii-Insel 80 Tote - kamen Warnungen auf Maui zu spät?
Nach den schweren Wald- und Buschbränden auf Hawaii werden immer mehr Tote aus den Trümmern geborgen. Inzwischen ist die Opferzahl auf 80 gestiegen. Bewohner kritisieren, dass Warnungen vor den Feuern ausblieben oder zu spät kamen.
Aus den völlig verkohlten Gebäuden auf der Hawaii-Insel Maui werden immer mehr Menschen tot geborgen. Die Opferzahl hat sich laut offiziellen Angaben im Bezirk auf 80 erhöht - in einer vorherigen Bilanz war von mindestens 67 Toten die Rede gewesen. Es ist ein trauriger Rekord, die Brände gelten nun laut Angaben der Behörden als die tödlichste Naturkatastrophe in der Geschichte Hawaiis.
Noch immer werden zahlreiche Menschen vermisst. Der Gouverneur von Hawaii, Josh Green, sagte dem US-amerikanischen Sender CNN, er rechne mit weiteren Todesopfern. Es könne bis zu einer Woche dauern, bis sich die Rettungskräfte in allen betroffenen Orten durch Schutt und Asche vorgearbeitet haben. Um Tote zu bergen, werden auch Leichenspürhunde eingesetzt. In den Krankenhäusern werden zudem noch Menschen mit schweren Verletzungen behandelt.
80 Prozent der historischen Stadt Lahaina auf der Hawaii-Insel Maui sind offenbar zerstört.
Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und Polizei
Mittlerweile ist das Feuer im Westen Mauiis rund um den Ort Kaanapali nahe einer Tankstation unter Kontrolle, wie die Behörden mitteilten. Hunderte Fahrzeuge hätten dort gewartet, um aufgetankt zu werden, als ein Waldbrand gestern wieder aufflammte.
Die Löscharbeiten im Gebiet zwischen Pulehu und Kihei sowie landeinwärts und in der historischen Stadt Lahaina dauern noch an. Green sagte, die Flammen hätten die Stadt zu 80 Prozent zerstört.
Es fühlt sich zweifellos an, als sei eine Bombe auf Lahaina gefallen.
Erste Bewohnerinnen und Bewohner hatten zunächst in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren können. Wenige Stunden nach der Freigabe der Straße machte die Polizei laut Medienberichten den Highway-Zugang nach Lahaina wieder dicht. Grund waren demnach Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern und der Polizei über den Zugang zu weiterhin gesperrten Gebieten.
Menschen hatten offenbar versucht, teils zu Fuß in diese Zonen zu Angehörigen zu gelangen, wie die Bezirksverwaltung erklärte. Damit brächten sie sich in Gefahr und verzögerten zudem die Rettungsarbeiten, da die Einsatzkräfte die Suche nach Opfern unterbrechen und stattdessen Unbefugte wegschicken müssten.
Offenbar nicht alle Warnsirenen aktiviert
Es gibt immer mehr Fragen, ob die Menschen ausreichend vor der Katastrophe gewarnt wurden. Beim Ausbruch der Feuer waren laut einem Vertreter der Notfallbehörde keine Warnsirenen aktiviert. Green kündigte an, es werde eine Untersuchung dazu geben. Warnungen über Handy-Apps, Radio- und TV-Sender seien verbreitet worden. Die sich sehr schnell ausbreitenden Flammen hätten zum Teil Telekommunikationsleitungen, die für die Warnsirenen genutzt werden, zerstört, so Green.
Hubschrauber, die die Flammen zu Beginn eindämmen sollten, hatten aufgrund des starken Windes nicht starten können, erklärte der Gouverneur. "Das dient nicht als Entschuldigung für irgendjemanden, und wir werden das überprüfen“, fügte er hinzu.
"Haben die tödliche Gefahr unterschätzt"
Die Abgeordnete Jill Tokuda, die den zweiten Distrikt des Bundesstaats Hawaii im US-Repräsentantenhaus vertritt, sagte im Gespräch mit CNN, die Behörden haben "die tödliche Gefahr und die Schnelligkeit des Feuers unterschätzt". Es habe Notfallwarnungen über Mobiltelefone gegeben, doch in einigen Regionen habe es keinen Mobilfunkempfang gegeben, so Tokuda.
"Es ist nicht so, dass Winde in Hurrikanstärke auf Hawaii unbekannt sind", sagte die Abgeordnete. "Wir haben unsere Lektion aus Hurrikan 'Lane' im Jahr 2018 nicht gelernt - dass Buschbrände als Folge der aufgewühlten Hurrikanwinde ausbrechen können", sagte Tokuda. "Wir müssen sicherstellen, dass wir hier aufmerksamer werden."
Generalstaatsanwältin kündigt Untersuchung an
Als Hurrikan 'Lane' sich 2018 Hawaii näherte, verbrannten die darauffolgenden Buschbrände auf Maui insgesamt 23,3 Quadratkilometer Fläche, berichtet CNN. Im darauffolgenden Jahr vernichteten Brände auf Maui etwa 250 Quadratkilometer Land, und doch beschrieb die Katastrophenschutzbehörde Hawaiis vergangenes Jahr in einem Bericht vor allem Erdbeben und Tsunamis als große Gefahr für die Bevölkerung. Das Risiko von Waldbränden für Menschen wurde als "gering" eingestuft.
Die Generalstaatsanwältin von Hawaii, Anne Lopez, kündigte eine Untersuchung der Entscheidungen und Richtlinien im Zusammenhang mit den Bränden an. Es werde eine "umfassende Überprüfung" der von den Behörden getroffenen Entscheidungen "im Vorfeld, während und nach den Waldbränden auf den Inseln Maui und Hawaii" geben, erklärte ihr Büro.
Menschen mussten zum Teil ihre Autos stehen lassen, um sich mit einem Sprung ins Wasser vor den Flammen retten zu können.
Tausende Menschen sind obdachlos geworden
Fast jedes Jahr gibt es nach Angaben der Universität von Hawaii große Brände in Teilen des hawaiianischen Archipels, doch das Ausmaß dieser Brände sei ungewöhnlich. Nach vorläufigen Angaben der Behörden auf Maui verbrannten 21,7 Quadratkilometer Fläche. Zum Vergleich, die Fläche entspricht in etwa der des Frankfurter Flughafens. 2.719 Gebäude seien bislang abgebrannt - 86 Prozent davon Wohngebäude.
Der Wiederaufbau von Lahaina und der Infrastruktur wird voraussichtlich Jahre dauern, der wirtschaftliche Schaden könnte in die Milliarden gehen - auch, weil wohl der Tourismus in den nächsten Wochen und Monaten eingeschränkt sein wird. Die hawaiianischen Inseln hatten in Spitzenjahren bis zu zehn Millionen Besucher.
Mit Informationen von Nils Dampz, ARD-Studio San Francisco, und Katharina Wilhelm, ARD-Studio Los Angeles.