Eine heruntergefahrene Barriere in der Nähe der Bourbon Street

Anschlag von New Orleans Warum war das French Quarter nicht besser geschützt?

Stand: 02.01.2025 08:02 Uhr

Der Terroranschlag in New Orleans bringt die Sicherheitsbehörden in Erklärungsnot. Poller, die solche Todesfahrten verhindern sollten, waren offenbar defekt. Für die Stadt steht viel auf dem Spiel.

Kimberley Stricklin gehörte zu den Hunderten Menschen, die auf der Bourbon Street in New Orleans ins Neue Jahr feierten - und erst gar nicht begriffen, was sie erlebten. "Es ging so schnell. Der Typ in dem Pick-up-Truck trat aufs Gas, mähte die Barrikade um und prallte in die Leute rein", erzählte die Frau im Lokalfernsehen. "Es waren einfach so viele Menschen. Und die Schreie. Das vergisst du nie."

Auch andere Augenzeugen berichteten von grausam verstümmelten Opfern, darunter auch mindestens ein Kind. Nach nur ein paar Sekunden und drei Straßenblocks weiter endete die Todesfahrt: Der Mann raste in einen Baukranwagen und feuerte mit einer Schusswaffe aus dem Auto auf Polizisten.

Er verletzte zwei von ihnen, bevor er selbst von ihnen erschossen wurde. Stunden später und noch bevor all seine Todesopfer aus der Bourbon Street abtransportiert worden waren, hatte das FBI ihn identifiziert: Er ist ein 42-jähriger Mann, in den USA geboren, ehemaliger Armee-Soldat aus Houston, Texas. 

FBI fahndet nach Mittätern

An der Anhängerkupplung seines gemieteten Ford Pick-up habe eine Flagge des "Islamischen Staats" (IS) gesteckt, erklärte die leitende FBI-Ermittlerin Alethea Duncan. Außerdem fanden sich in dem Fahrzeug Waffen und zwei improvisierte Bomben. Beim Durchkämmen des Stadtbezirks French Quarter, der bis auf weiteres abgesperrt bleibt, entdeckte die Polizei noch zwei weitere Sprengsätze.

Das FBI geht von einem Terroranschlag aus. "Wir glauben nicht, dass er alleine verantwortlich war", sagte Duncan. Deshalb werde jetzt intensiv nach möglichen Mittätern gefahndet. In einer kurzen Fernsehansprache am Dienstagabend gab US-Präsident Joe Biden selbst konkretere Einblicke in die möglichen Motive des Mannes.

"Das FBI hat mir gesagt, dass der Mann nur Stunden vor dem Anschlag Videos in den sozialen Netzwerken veröffentlicht hat, in denen er zeigte, dass er vom IS inspiriert war und töten wollte", erklärte Biden. Seine Regierung, sagte Biden weiter, werde jetzt alles tun, um mögliche Mitverschwörer zu fassen und dafür zu sorgen, das keine weitere Gefahr für die Amerikaner besteht.

Gouverneur Landry verspricht Aufklärung

Laut US-Medien soll der Mann geschieden sein, zwei Kinder haben, zeitweise als Makler gearbeitet und in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt haben. Er war demnach vor einiger Zeit zum Islam konvertiert, aber nicht vorbestraft gewesen und den Behörden nicht weiter aufgefallen. Für die Menschen in New Orleans ist eine andere Frage jetzt wohl genauso wichtig: Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Warum war das French Quarter nicht besser vor genau so einem Angriff geschützt?

Bei einer teils hitzigen Pressekonferenz mussten Bürgermeisterin und Polizeichefin einräumen, dass die versenkbaren Poller, die die Zufahrt zur Bourbon Street für den Durchgangsverkehr versperren sollen, schon seit Jahren nicht richtig funktionieren - und deshalb gar nicht ausgefahren waren. Stattdessen habe ein Polizeiwagen die Zufahrt blockiert, sagte Polizeichefin Anne Kirkpatrick.

Außerdem habe es mobile Barrieren gegeben. Doch der Terrorist sei einfach drum herum über den Bürgersteig in die schmale Straße gelangt. "Wir hatten zwar einen Plan. Aber der Terrorist hat ihn zerschlagen", sagte die Polizeichefin. Der republikanische Gouverneur von Louisiana, Jeff Landry, versprach Aufklärung: "Was immer das Problem war, wir werden es lösen!"

Nationalgarde sichert Sugar Bowl ab

Für die Stadt steht viel auf dem Spiel: Im Februar findet in New Orleans nicht nur der Mardi Gras statt, der weltberühmte Karneval, sondern auch der Super Bowl - das Football-Spektakel mit Zehntausenden Fans. Ein anderes Großereignis, der sogenannte Sugar Bowl, bei dem zwei Collegeteams gegeneinander antreten, wurde vom Neujahrsabend auf den heutigen Donnerstag verschoben.

Man habe kurzfristig noch eine Hundertschaft der Nationalgarde zur Sicherung engagiert, sagte Gouverneur Landry. Außerdem sei das Gelände um die Arena, den Superdome, nur ein Block vom French Quarter entfernt, abgesperrt. Landry will aus Respekt für die Opfer die Fahnen auf Halbmast setzen lassen. In einer Rede machte er den Menschen Mut, zum Sugar Bowl zu kommen. "Euer Gouverneur wird da sein. Und das ist der Beweis, dass diese Stadt heute sicherer ist als gestern."

Explosion vor Trump-Hotel in Las Vegas

Und während die Ermittler in New Orleans noch nach Antworten suchen, gibt ein weiterer Vorfall in Las Vegas Rätsel auf: Vor dem dortigen Trump Hotel explodierte am Mittwoch ein Tesla Cybertruck-Mietwagen. Der Fahrer starb, sieben Menschen wurden verletzt.

Tesla-Chef Elon Musk erklärte per X, entweder Feuerwerkskörper oder eine Bombe seien auf der Ladefläche explodiert. US-Präsident Biden bestätigte, dass die Behörden jetzt prüfen, ob zwischen den beiden Vorfällen ein Zusammenhang besteht. Noch aber, so der noch amtierende Präsident, gebe es darauf keine Hinweise.

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 02.01.2025 05:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD Morgenmagzin am 02. Januar 2025 um 05:43 Uhr.