Ermittlungsverfahren in New York "Es gibt keinen Fall Donald Trump"
Gleich zwei Staatsanwaltschaften setzten Ex-Präsident Trump und seiner Organisation in New York zu. Nun steht ein Verfahren vor der Einstellung - und das zweite muss ihm nicht zwangsläufig schaden.
Darauf war New Yorks früherer Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance stolz: "Dieses Büro hat immer große Fälle angekommen - oft welche, die andere nicht genommen haben." Und besonders in einen hatte sich Vance verbissen: den Fall Donald Trump.
Vance hatte die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten zur Chefsache gemacht. Jahrelang ermittelte der Demokrat gegen Trumps Familienholding. Seine Anklage: Die "Trump Organization" habe mehr als 15 Jahre lang Steuern hinterzogen und Bilanzen gefälscht.
Doch kein halbes Jahr nach Vances Abschied tritt sein Nachfolger Alvin Bragg auf die Bremse, sagt Politologe Doug Muzzio: "Bragg hat die Ermittlungen abgebrochen. Die gewählte Grand Jury ist aufgelöst worden, zwei Staatsanwälte haben unter Protest hingeschmissen. Es sieht so aus: Es gibt keinen Fall." Offenbar bezweifelt Bragg, dass weitere Ermittlungen noch sinnvoll sind. Viele rätseln nun über die Gründe des Harvard-Juristen aus Harlem.
Ein aussichtsloser Fall?
Bragg sei vor allem ein anderer Typ als sein Vorgänger Vance, sagt der renommierte New Yorker Strafverteidiger Ron Kuby: "Er ist kein Karrierepolitiker und er ist kein Schlagzeilenjäger. Alvin Bragg ist mehr an einem Fall interessiert als an den Schlagzeilen."
Und dieser Fall sei ein aussichtsloser. "Als Trumps Finanzchef Alan Weisselberg angeklagt wurde, hofften viele, dass sie ihn ausquetschen könnten und dass er Informationen über Donald Trump rauslassen würde - das hat er nicht getan. Das ist ein großes Problem, um mit dem Fall weiterzukommen."
Ein weiterer Hauptzeuge hat ein Glaubwürdigkeits-Problem: Trumps ehemaliger Anwalt Michael Cohen. Er war selber wegen Steuerhinterziehung und Aussagen unter Meineid verurteilt worden.
Sein Leumund ist beschädigt - für die Strafverfolgung ist Michael Cohen deshalb ein heikler Zeuge.
"Jeder Immobilienbesitzer tut das"
Bragg sehe den Fall Trump nüchterner, sagt Jurist Kuby: Unbestritten habe Trump sein Vermögen aufgeblasen, um an höhere Kredite zu kommen. Ohne Zweifel habe er es künstlich geschrumpft, um weniger Steuern zu zahlen. "Aber wahr ist auch: Jeder amerikanische Immobilienbesitzer und Steuerzahler tut das. Und es war lange Praxis: Wenn du jemanden anklagen wolltest, dann hast du erstmal seinen Hypothekenantrag unter die Lupe genommen. Denn du weißt: Sie haben ihr Vermögen aufgeblasen. Das ist es, was Leute machen."
Und einen Ex-US-Präsidenten strafrechtlich für etwas anzuklagen, das gängige Praxis in einer legalen Grauzone sei - das sei aussichtslos, meint der erklärte Trump-Gegner. "Es gibt keinen Fall Donald Trump."
Vom Tisch ist der Fall nicht
So sieht es auch Politologe Muzzio von der City University of New York: "Bragg hat sich mit seinem Versprechen der Reform der Anklagepraxis sehr weit aus dem Fenster gelehnt", sagt er. "Er kann es sich nicht leisten, diesen Fall zu verlieren."
Doch vom Tisch ist der Fall Trump in seiner Heimatstadt New York damit nicht. Zumindest nicht zivilrechtlich. Dafür sorgt Generalstaatsanwältin Letitia James: Sie zieht ihre Ermittlungen in derselben Sache entschlossen weiter durch.
James will Trump vor Gericht bringen - und auch seine Tochter Ivanka und seinen Sohn Donald junior. Die haben bereits Einspruch gegen ihre Vorladung eingelegt. Trump mauert mit seinen Unterlagen. Weil er sich weigert, dem Gericht die Dokumente zu überstellen, muss er laut Richterspruch seit April täglich 10.000 Dollar zahlen. Trump legte auch dagegen Berufung ein. Er spricht weiter von einer politischen Hexenjagd.
New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia James lässt in Sachen Trump nicht locker - der deutet als als politisch motiviert.
Profitiert Trump am Ende sogar?
Trumps politische Ambitionen für die nächste Präsidentschaftswahl werde der zivilrechtliche Prozess allerdings nicht behindern, sagt Politikexperte Muzzio. Im Gegenteil: "Eine Anklage könnten die Trump-Anhänger als Adelung betrachten."
Auch das habe Bezirksstaatsanwalt Bragg möglicherweise gesehen - als er den Fall Trump auf Eis gelegt hat.