Vergesslichkeit und Aussetzer Die Führungsriege der USA überaltert
Sie sind teilweise schon jenseits der 80, fühlen sich für den politischen Betrieb aber noch rüstig genug: Eine Reihe von Spitzenpolitikern in den USA denkt trotz ihres Alters nicht ans Aufhören. Sind Kompetenztests die Lösung?
Kürzlich in Kentucky: Mitch McConnell wird bei einer Pressekonferenz gefragt, ob er 2026 noch mal antreten will. Statt zu antworten bleibt der 81-Jährige wie eingefroren stehen, den Blick ins Nichts gerichtet. Seine Assistentin wiederholt die Frage. Erst 40 quälende Sekunden später kann sich McConnell ein schwaches Okay abringen, mit Mühe zwei andere Fragen beantworten, bevor er vom Podium geführt wird.
Es ist der zweite Vorfall dieser Art in fünf Wochen. Nur ein bisschen Benommenheit, ganz normal nach einer schweren Gehirnerschütterung, erklärt McConnells Team anschließend. Im März war der Republikaner gestürzt, auch nicht zum ersten Mal. Der ältere Herr, genannt "Turtle" (Schildkröte), ist nicht der einzige Senior im Senat, dem man das Alter inzwischen ansieht und anmerkt.
Haley: "Senat ist das privilegierteste Altersheim"
Seine Kollegin Dianne Feinstein, demokratische Senatslegende und mit 90 Jahren knapp die Älteste in der Kammer, kämpft schon seit Jahren gegen Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme. In Sitzungen wirkt sie häufig desorientiert - und lässt sich von anderen sagen, wie sie abstimmen soll.
"Der Senat ist gerade das privilegierteste Altersheim des Landes!", ätzt deshalb beispielsweise die republikanische Präsidentschaftsbewerberin Nikki Haley im Sender Fox News. "Mitch McConnell hat großartige Dinge geleistet. Und dafür verdient er Lob. Aber man muss auch wissen, wann es Zeit ist zu gehen."
Biden ist bereits der älteste US-Präsident
Noch ist Haley, die als 51-Jährige mit dem Thema Generationswechsel Wahlkampf macht, in dieser Deutlichkeit die Ausnahme. Aber dafür läuft die Debatte über Limits bei Alter oder Amtszeiten wieder auf Hochtouren. Vor allem mit Blick auf die nächste Präsidentschaftswahl: Haley beispielsweise plädiert für einen geistigen Kompetenztest für Kandidaten jenseits der 75 Jahre.
Sie zielt damit gegen Donald Trump, der 77 ist. Joe Biden ist mit 79 Jahren schon jetzt der älteste US-Präsident aller Zeiten. "Niemals wird Joe Biden eine zweite Amtszeit überstehen. Wir können keinen 81-jährigen Präsidenten haben", sagt Haley.
Mehrheit hält Trump und Biden für zu alt
Die Mehrheit der Amerikaner scheinen der Republikanerin Recht zu geben. Laut Umfragen halten sie vor allem Biden aber auch Trump für zu alt für eine weitere Amtszeit. Altersforscher Jay Olshansky von der Universität von Chicago widerspricht: Beide Politiker wirken auf den Experten wie sogenannte "Superager" - Menschen also, die zwar alt sein mögen, aber sowohl körperlich als auch geistig noch sehr fit sind.
Biden beispielsweise treibe Sport und nehme fast keine Medikamente. "Es gibt keine Hinweise auf nachlassende geistige Fähigkeiten. Es gibt die Tendenz sein Stottern so zu interpretieren. Er wirkt gebrechlicher als Trump. Aber das liegt auch am Gewicht", so Olshansky.
Er hält Altersgrenzen und Tests deshalb für willkürlich. Hilfreicher wäre es, wenn Politiker mit Kognitionsproblemen oder lebensbedrohlichen Krankheiten gegenüber den Wählern mit offenen Karten spielten. Wozu man sie nicht zwingen könne. "Wenn jemand, der Präsident werden will, Probleme mit der kognitiven Funktion hat, dann sehen wir als Wähler das ja", erklärt Olshansky.
Alter entscheidet offenbar nicht Wahlen
Auch wenn eine Mehrheit der Amerikaner diese Kandidaten für zu alt halten, wahlentscheidend werde dieser Aspekt am Ende nicht, glaubt der Politologe Kyle Kondik von der University of Virgnia. "Es gibt viele Dinge, von denen die Leute sagen, dass sie sie gerne hätten. Aber dann wählen sie doch nicht entsprechend." Weil andere Faktoren wichtiger seien.