Donald Trump
analyse

Nach Wahlsieg Was in Trumps zweiter Amtszeit anders ist

Stand: 11.11.2024 14:29 Uhr

Mehr Erfahrung, Mehrheiten in wohl beiden Kongresskammern und mehrheitlich konservative Richter im Supreme Court: Die Voraussetzungen für eine Trump-Präsidentschaft sind 2024 ganz anders als 2016. Ist er noch zu bremsen?

Am Wahlabend bedankt sich Donald Trump bei den Amerikanern für die, wie er sagt "ungeheure Ehre" von ihnen zum 47. Präsidenten gewählt worden zu sein - "wie schon zum 45.", so schiebt er nach.

Der Unterschied diesmal: Trump hat nicht nur eine Mehrheit der Stimmen in der Wahlleute-Versammlung, dem Electoral College. Sondern er hat landesweit deutlich mehr Stimmen bekommen als Vizepräsidentin Kamala Harris.

Seine Republikaner haben auch die Mehrheit im Senat gewonnen und sehr gute Chancen, die im Repräsentantenhaus zu halten. Dort sind noch nicht alle Sitze ausgezählt. "Amerika hat uns ein beispielloses und mächtiges Mandat gegeben", findet der Wahlsieger.

Besser gerüstet

Anders als 2016, als Trump noch kompletter Politikneuling war, hat er jetzt die Erfahrung seiner ersten Amtszeit im Gepäck. "Er ist jetzt viel besser gerüstet, um seine Agenda durchzusetzen und zwar sehr schnell - wegen der Lektionen, die er damals gelernt hat", sagt sein ehemaliger Kommunikationschef Marc Lotter im Fernsehsender CNN.

Und Jim Banks, bislang Abgeordneter, jetzt frischgewählter Senator aus Indiana, ergänzt im gleichen Sender, dass die Republikaner diesmal insgesamt bereit und vorbereitet sind: "Das ist ein großer Unterschied zu 2016. Donald Trump wusste schon lange, dass er gewinnen wird. Und er hat sein Team und den Kongress vorbereitet, damit wir die Sache jetzt wuppen."

Gefolgsleute an wichtigen Schaltstellen

Vor allem die Mehrheit im Senat dürfte Trump bei der Regierungsübernahme helfen, etwa um seine Gefolgsleute in wichtigen Schaltstellen zu installieren. Kabinettsposten müssen von der zweiten Kongresskammer abgesegnet werden.

Einige Senatoren haben schon signalisiert, dass sie Trump auch bei umstrittenen Personalien unterstützen werden. Bei Tech-Milliardär Elon Musk etwa, den Trump gerne beauftragen würde, den Staatsapparat auf Effizienz zu checken. Oder bei Impfskeptiker Robert F. Kennedy Jr., der Gesundheitsminister werden möchte.

Floridas Senator Marco Rubio, der selbst als Außenminister gehandelt wird, erklärt bei CNN:

Ich glaube, der Senat wird große Rücksicht auf einen Präsidenten nehmen, der in meinen Augen gerade einen Erdrutschsieg erreicht und damit ein klares Mandat hat.

Es müsse dafür gesorgt werden, dass Trump ein Team bekomme, das ihm helfe, seine Politik umzusetzen und sie nicht untergrabe oder ihr im Weg stehe, so Rubio weiter.

Midterm-Wahlen in zwei Jahren

Aber auch mit mehr Erfahrung und möglicherweise einer Mehrheit im Kongress ist Trumps Macht nicht absolut, beschwichtigt Amy Daley, Politologin von der American University: "Niemand bekommt 100 Prozent von dem, was er will."

Trump sei schon in seiner ersten Amtszeit mit einigen Vorhaben gescheitert, etwa der Abschaffung von Obamacare, des Krankenversicherungssystems.

Abgeordnete und Senatoren seien eben nicht primär dem Präsidenten verpflichtet, sondern ihren Wählern, so Daley: "Wenn sie jetzt Macht haben, werden sie die auch behalten wollen. Und deshalb werden sie bei jedem Thema gucken: Was sagen die Wähler zuhause dazu? Weil ein Drittel der Senatoren und das ganze Repräsentantenhaus 2026 schon wieder zur Wahl steht."

Immunität, richterlich bescheinigt

Im Wahlkampf drohte Trump mit Rache an seinen politischen Gegnern. Und an den Staatsanwälten, die ihn etwa wegen versuchter Wahlmanipulation zur Rechenschaft ziehen wollten.

Die Vorarbeit für einen etwaigen Rachefeldzug hat der Republikaner schon in seiner ersten Amtszeit geleistet, indem er den Supreme Court mit konservativen Richtern besetzte. Die urteilten diesen Sommer, dass der Präsident weitreichende Immunität genießt.

Viele Experten fürchten, dass Trump deshalb jetzt ohne Angst vor Konsequenzen das Justizministerium anweisen könnte, gegen seine Widersacher zu ermitteln. Vivek Ramaswamy, der noch vor einem Jahr selbst Präsident werden wollte und jetzt zu Trumps engsten Beratern gehört, winkt im Sender ABC ab: "Trump hat selbst mehrfach gesagt: Unserer Erfolg ist unsere Rache. Und das ist doch ein wunderschönes Gefühl!"

"Auf alles gefasst sein, aber weiter machen"

Auch Politologin Amy Daley glaubt, dass viele von Trumps Drohungen nur Wahlkampf-Rhetorik waren: "Er hat das für seine MAGA-Basis gesagt, die wollten das hören. Aber er wird das nicht alles machen können."

Schließlich gebe es auch noch Journalisten und eine starke Opposition, um den designierten neuen Präsidenten in Schach zu halten. 2026 wird Amerikas Demokratie 250 Jahre alt, sagt Daley. Und sie werde weiter darauf vertrauen, dass die "Checks and Balances", also die Kontrolle durch die Gewaltenteilung, auch in Trumps zweiter Amtszeit funktioniert.

"Ich muss Vertrauen ins System haben, und das tue ich auch", sagt Daley. Für eine abschließende Einschätzung sei es noch zu früh. Man müsse auf alles gefasst sein, aber eben auch weitermachen.

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 11.11.2024 11:31 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 11. November 2024 um 11:50 Uhr.