Übertragung der ersten republikanischen Vorwahldebatte in einer Bar in Atlanta, Georgia.
analyse

Vorwahlkampf in den USA Fünf Erkenntnisse aus der Debatte der Republikaner

Stand: 24.08.2023 11:21 Uhr

Um Trump ging es kaum, trotzdem hat er seine Partei im Griff. Das ist eine der Lehren, die man aus der TV-Debatte der US-Republikaner ziehen kann. Doch es gibt noch weitere - unter anderem zum Verhältnis der Basis zu Außenseitern.

1. Wer schwänzt, kann eine Debatte nicht dominieren

Donald Trump ist sich sicher, dass er das Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur schon gewonnen hat - und schwänzte deshalb die Debatte. Aber obwohl er von Moderator Brett Baier als "Elefant im Raum" angekündigt worden war, stand der Ex-Präsident nicht im Mittelpunkt. In der ersten Stunde wurde er von seinen Konkurrenten fast gar nicht oder nur indirekt erwähnt. Stattdessen arbeiteten sie sich aneinander und an den Demokraten ab.

Trotzdem wurde klar, wie eisern Trumps Griff auf die Partei ist, selbst bei jenen, die ihn eigentlich beerben wollen. Auf die Frage, ob sie ihn als letztlich nominierten Kandidaten auch dann unterstützen würden, wenn er etwa wegen Wahlmanipulation verurteilt wird, hoben sechs der acht Bewerber brav die Hand. Nur Trumps momentan lautstärkste innerparteilichen Kritiker, Ex-Gouverneur Asa Hutchinson aus Arkansas und sein Kollege Chris Christy aus New Jersey, erklärten deutlich, warum sie Trump für eine Gefahr für die Demokratie und ihr Land halten. Und sie wurden vom Publikum in Milwaukee dafür heftig ausgebuht.

2. DeSantis dringt nicht durch, Pence gibt nicht auf

Der Gouverneur von Florida, Ron DeSantis, liegt in den Umfragen zwar auf Platz zwei. Aber der Abstand auf Trump ist groß. Und andere Kandidaten holen auf. Ein Problem: Viele Amerikaner finden den 44-Jährigen unnahbar und spröde. Spitzname: "Trump ohne Humor". In der Debatte hatte DeSantis wenig Gelegenheit, diesen Eindruck zu mildern. Zwar bekam er viel Applaus für sein Versprechen, schon am ersten Tag nach seiner Wahl Spezialtruppen nach Mexiko zu schicken, um dort die Drogenkartelle zu bekämpfen. Aber sein Redeanteil war deutlich geringer als von Mike Pence.

Der Ex-Vize war ungewohnt kämpferisch, fiel vor allem Mitbewerber Vivek Ramaswamy häufig und fast aggressiv ins Wort. Und er schaffte es sogar, sich von allen auf der Bühne für sein Verhalten beim Sturm aufs Kapitol loben zu lassen, als er trotz Morddrohungen von Trumps Anhängern den Sieg von Joe Biden offiziell bestätigte.

3. Republikaner mögen Außenseiter

Der Name, den man sich spätestens nach dieser Debatte merken muss: Vivek Ramaswamy, erst 38 Jahre alt und bereits milliardenschwerer Unternehmer. Das Land brauche endlich einen Außenseiter wie ihn, verkündete der Sohn indischer Einwanderer mit fröhlichem Grinsen, außerdem sei es Zeit für eine Revolution und einen neue amerikanische Identität, nach folgenden Leitgedanken: Gott ist real, es gibt nur zwei Geschlechter, der menschengemachte Klimawandel ist eine Erfindung und die USA sollten den Krieg in der Ukraine nicht unterstützen, sondern sich auf die Probleme Zuhause konzentrieren.

Von Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley musste er sich dafür sagen lassen, dass er von Außenpolitik leider keine Ahnung hätte und Pence erklärte ihn für viel zu jung und unerfahren. Aber das Publikum in der Mehrzweckhalle von Milwaukee applaudierte ihm fast durchgehend.

4. TV-Debatten sind nicht überholt

Auch wenn es Trump anders sieht und mindestens drei seiner Konkurrenten letztlich chancenlos sind: Das Format hat noch nicht ausgedient. Weil es den Kandidaten und der einen Kandidatin die Chance bietet, ihre Persönlichkeit, ihre Agenda und sich selbst bekannt zu machen. Und sich zu profilieren für den Fall, dass Trumps Kandidatur implodiert. Etwa, weil er bis dahin hinter Gittern sitzt. Das ist - Stand jetzt - zwar unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.

Der Sonderankläger in Washington würde den Prozess gegen Trump wegen Wahlmanipulation gern schon im Januar beginnen, die Rede ist von sechs Verhandlungswochen. Dann könnte der Ex-Präsident verurteilt sein, bevor die Vorwahlen gelaufen sind. Und die Stunde eines innerparteilichen Konkurrenten schlagen. Wer das sein könnte? Nach dieser ersten Debatte ist das noch nicht ausgemacht. Aber es war ja auch nur die erste Runde.

5. Von Trump kommt inhaltlich wenig Neues

Der Ex-Präsident wollte Fox News unterdessen die Show stehlen: Mit einem Interview, dass er seinem Lieblingsmoderator Tucker Carlson schon vorab gewährt hatte und das parallel zur Debatte bei X (vormals Twitter) ausgestrahlt wurde. Das Gespräch in seinem Haus in Bedminster war zwar 45 Minuten lang, aber inhaltlich gab es wenig Neues: Trump sagt immer noch, dass ihm der letzte Wahlsieg gestohlen wurde und behauptet, dass seine innerparteilichen Widersacher schon dabei wären, auch seinen sicheren Sieg 2024 zu stehlen.

Und er will auch nicht ausschließen, dass seine Gegner ihn umbringen werden. Das seien alles Wilde, kranke Menschen. Aber im Vergleich zur Debatte wirkte das Interview eher langweilig. Die für Trump so wichtige Quote war wohl trotzdem erfolgreich: Mehr als 100 Millionen Nutzerinnen und Nutzer sahen sich bis Mitternacht den Post an - wenn wohl auch nicht das ganze Video.

Julia Kastein, ARD Washington, tagesschau, 24.08.2023 11:26 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 24. August 2023 um 06:23 Uhr im Deutschlandfunk.