Bangladesch Parlament aufgelöst - Nobelpreisträger als Premier?
Nach dem Sturz von Premierministerin Hasina gibt es Rufe nach Nobelpreisträger Muhammad Yunus als Premier. Yunus hat seine Bereitschaft zugesagt. Inzwischen wurde das Parlament aufgelöst.
Einen Tag nach der Flucht der langjährigen Regierungschefin Scheich Hasina aus Bangladesch ist die politische Lage in dem Land unübersichtlich. Ein Führer der Protestbewegung schlug Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus als Kopf einer Übergangsregierung vor. Der 84-Jährige erhielt 2006 den Friedensnobelpreis, weil er mit der von ihm gegründeten Grameen Bank Mikrokredite an Menschen ohne Einkommenssicherheiten vergab.
Yunus selbst nannte den Rücktritt Hasinas den zweiten Befreiungstag Bangladeschs. Ein Sprecher von Yunus bestätigte, dass er bereit sei, den Wünschen der Demonstrierenden nachzukommen. Aktuell sei er für einen medizinischen Eingriff in Paris. Seinem Sprecher zufolge wolle er direkt danach nach Bangladesch zurückkehren.
Demonstrierende wollen Regierung mitbestimmen
Muhammad Yunus, der in den USA Wirtschaft studiert hat, ist ein langjähriger politischer Gegner Hasinas. Unter ihrer Regierung war er mehrfach Korruptionsvorwürfen ausgesetzt, die er als Racheakte bezeichnete.
Nahid Islam, einer der Führer der Protestbewegung in Bangladesch erklärte, die Demonstranten wollen neben Yunus weitere Namen für die Regierung benennen. "Eine andere Regierung als die von uns empfohlene würde nicht akzeptiert werden", schrieb er in einem Facebook-Beitrag.
Parlament aufgelöst, Oppositionsführerin freigelassen
Nachdem der Präsident des Landes, Mohammed Shahabuddin, am Montag die Bildung einer Übergangsregierung bestätigt hatte, ist das Parlament am Dienstag offiziell aufgelöst worden. Außerdem ist die früheren Regierungschefin und Oppositionsführerin Khaleda Zia aus dem Gefängnis freigelassen worden. Auch inhaftierte Demonstranten sollen freigelassen werden.
Der Armeechef kündigte an, das Militär werde sich zurückziehen und eine Untersuchung der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Militär, Polizei und Demonstrierenden einleiten. "Das Land hat sehr gelitten, die Wirtschaft wurde geschwächt, viele Menschen wurden getötet - es ist Zeit, der Gewalt ein Ende zu setzen", hob der Armeechef hervor. Derzeit scheint es in Dhaka ruhig. Es gab keine Berichte über neue Gewalt.
Schwerste Ausschreitungen seit Unabhängigkeit des Landes
Am Montag hatten Demonstranten die offizielle Residenz von Regierungschefin Hasina gestürmt. Die 76-Jährige floh per Hubschrauber nach Indien.
Im vergangenen Monat waren Studierende auf die Straßen gegangen, um gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst zu protestieren. Dies hatte sich zu Protesten gegen Hasina und ihre Partei, die Awami-Liga, ausgeweitet. Im Rahmen dieser Proteste war es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Dabei wurden mindestens 300 Menschen getötet.
Noch im Januar war Hasina für ihre vierte Amtszeit in Folge wiedergewählt worden. Nach ihrer Wiederwahl war die 76-Jährige die Regierungschefin mit der längsten Amtszeit in der Geschichte von Bangladesh. Vor der Wahl wurden Tausende von Oppositionsmitgliedern inhaftiert und die Opposition hatte die Abstimmung boykottiert.