Stichwahl in der Türkei Ultranationalist Ogan ruft zur Wahl von Erdogan auf
Vor der Stichwahl am Wochenende bekommt der türkische Präsident Erdogan Rückenwind: Der drittplatzierte Kandidat der ersten Wahlrunde, Ogan, hat eine Empfehlung für Erdogan abgegeben. Ob die Wähler ihr folgen, ist unter Beobachtern umstritten.
Der Drittplatzierte des ersten Wahlgangs um die Präsidentschaft in der Türkei hat Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan seine Unterstützung für die Stichwahl ausgesprochen: Sinan Ogan rief seine Wähler auf, bei der Wahl am 28. Mai für Erdogan zu stimmen. Beobachter waren davon ausgegangen, dass die Wähler des Rechtsaußenkandidaten ohnehin zu großen Teilen in das Erdogan-Lager wechseln würden.
"Ich erkläre, dass wir Herrn Recep Tayyip Erdogan, den Kandidaten der Volksallianz, in der zweiten Runde der Wahlen unterstützen werden", sagte Ogan vor Reportern unter Verweis auf das Wahlbündnis aus dessen Partei AKP und nationalistischen und islamistischen Parteien. "Wir glauben, dass unsere Entscheidung die richtige Entscheidung für unser Land und unsere Nation sein wird."
Keine ausgemachte Sache
Ob Ogans öffentliche Wahlempfehlung tatsächlich einen Einfluss auf die Wählerentscheidung hat, ist umstritten. Experten halten es trotz Ogans Rückhalt für Erdogan nicht für eine ausgemachte Sache, dass nun alle Unterstützer des Rechtsaußenmannes zum Präsidenten überlaufen. Einige könnten demnach zu Erdogans Herausforderer, Kemal Kilicdaroglu, tendieren, während andere sich entschließen könnten, am Tag der Stichwahl zu Hause zu bleiben.
Allerdings haben Erdogans regierende Partei AKP und deren nationalistische und islamistische Verbündete ihre Mehrheit bei der am 14. Mai zeitgleich abgehaltenen Parlamentswahl verteidigen können. Dies könnte die Chancen zur Wiederwahl Erdogans erhöhen, da die Wähler sich für ihn entscheiden könnten, um eine parteipolitische Zersplitterung in Regierung und Parlament zu vermeiden.
Erdogan kam in der ersten Runde am 14. Mai auf rund 49,5 Prozent der Stimmen, verfehlte aber die nötige absolute Mehrheit von über 50 Prozent für eine Wiederwahl. Kilicdaroglu folgte mit 44,9 Prozent der Stimmen auf Platz zwei, Drittplatzierter wurde Ogan mit 5,17 Prozent.
Ogan als möglicher Königsmacher
Ogan kommt damit die Rolle des möglichen Königsmachers in der Stichwahl zwischen Erdogan und Kilicdaroglu zu. Ogan wird von einer migrantenfeindlichen Partei unterstützt und zog Wähler an, die mit Erdogans Politik nicht zufrieden sind, aber auch nicht Kilicdaroglu unterstützen wollen, der die kemalistisch-sozialdemokratische Partei CHP anführt.
In Interviews mit türkischen Medien nannte Ogan Bedingungen für eine Wahlempfehlung: Er verlange eine harte Haltung gegen die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und einen Zeitrahmen für die Abschiebung von Millionen Flüchtlingen aus der Türkei, darunter fast 3,7 Millionen Syrer, erklärte Ogan.
Erdogan will sich Ogans Forderungen nicht beugen
In einem Interview des Senders CNN International erklärte Erdogan hingegen, er werde sich den Forderungen Ogans nicht beugen. "Ich bin keine Person, die auf eine solche Weise verhandelt", sagte er. "Es wird das Volk sein, das der Königsmacher ist." Am vergangenen Freitag kam es dann allerdings überraschend zu einem einstündigen Treffen zwischen Erdogan und Ogan in Istanbul, über das keine Einzelheiten an die Öffentlichkeit drangen.
Auch Kilicdaroglu verschärfte offenbar in der Hoffnung auf Stimmen aus dem nationalistischen Lager seine Rhetorik und kündigte an, im Falle seines Wahlsieges Millionen Flüchtlinge zurückzuschicken. Auch die Möglichkeit von Friedensverhandlungen mit militanten Kurden schloss er aus.