Sonderbotschafter eingeschaltet Wie die USA versuchen, Hamas-Geiseln zu befreien
Unter den 150 Geiseln der Hamas sind auch US-Staatsbürger. Ein Sonderbotschafter soll bei ihrer Befreiung helfen. Er darf auch mit den Terroristen direkt verhandeln.
Als sich US-Präsident Joe Biden zuletzt im Weißen Haus zur Unterstützung Israels äußerte, nannte er eine Priorität: Geiselbefreiung. "Ich habe mein Team angewiesen, Geheimdienstinformationen zu teilen und Israel mit Experten auf allen Ebenen zur Seite zu stehen, um die Geiseln freizubekommen", so Biden.
Seit Biden im Amt ist, konnten die USA 35 Amerikanerinnen und Amerikaner, die aus ihrer Sicht als politische Gefangene gehalten worden waren, nach Hause holen - zuletzt aus Russland und dem Iran. Häufig durch Häftlingsaustausch, im Fall Iran durch die zusätzliche Freigabe von sechs Milliarden Dollar an zuvor eingefrorenen Geldern. Nach den Worten der US-Politikwissenschaftlerin Danielle Gilbert gilt grundsätzlich: "Selbst in Zeiten größter geopolitischer Spannungen sind solche Deals möglich."
Sonderbotschafter kümmert sich um Verhandlungen
Die Drähte für solche Verhandlungen laufen im US-Außenministerium zusammen - beim Sonderbotschafter für Geiselfragen, dem "Special Presidential Envoy for Hostage Affairs". Ihm arbeiten zahlreiche Diplomaten, Juristen und Experten aus dem Weißen Haus, dem Pentagon und anderen Ministerien zu.
"Das hat sich seit 2015 entwickelt, als der Bereich unter Präsident Obama neu organisiert wurde", sagt die Politikwissenschaftlerin Gilbert. "Früher waren im State Department zwei oder drei Leute zuständig, heute sind es viele Dutzend, die Fälle zum Phänomen der Geisel-Diplomatie bearbeiten."
Verhandlungen mit einer Terrororganisation
Der Fall der Hamas-Geiseln ist besonders schwierig: Noch steht nicht einmal fest, wie viele es sind, wo sie genau festgehalten werden. Die militärische Gegenoffensive Israels ist angelaufen - und verhandelt werden muss nicht mit einem Staat, sondern einer Terrororganisation.
Der aktuelle US-Sonderbotschafter heißt Roger Carstens. Er schweigt zu laufenden Verhandlungen. Vor einigen Wochen aber hatte sich Carstens bei einer Veranstaltung des Aspen Instituts geäußert und betont:
Die USA verhandeln grundsätzlich nicht mit Terroristen. Aber wir schon. Meine Abteilung ist befugt, mit terroristischen Gruppe zu verhandeln, um Amerikaner nach Hause zu bringen.
Viele Akteure an der Befreiung beteiligt
Gut möglich also, dass auch jetzt direkte Gespräche der USA mit Hamas-Vertretern stattfinden. Bestätigt sind Gespräche der USA mit Ländern wie Ägypten, Katar, der Türkei - Ländern, die auf die Hamas Einfluss haben oder die aus US-Sicht als Vermittler agieren können.
So unterschiedlich jeder Fall am Ende ist - nach den Worten von Carstens sind meist eine ganze Reihe von Akteuren beteiligt: "Nichtregierungsorganisationen, der US-Kongress, unsere Verbündeten und Partner rund um die Welt - es ist stets nicht nur die US-Regierung."
Hamas droht mit dem Tod der Geiseln
Der Druck ist groß, die Zeit knapp. Es gibt die Drohungen der Hamas, Geiseln umzubringen. Doch es gibt auch Äußerungen von im Exil lebenden Hamas-Führern, man wolle alle in israelischen Gefängnissen einsitzende Araber und zudem in den USA inhaftierte Palästinenser freipressen.
Ido Dan, Onkel von drei israelischen Kindern, die von der Hamas entführt wurden, sagte dem Radiosender NPR: "Ich denke, die Geiseln sind das Wertvollste, was die Hamas im Moment in der Hand hat. Ich denke, sie halten sie in Sicherheit."
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Hamas halte 150 US-Geiseln gefangen. Das stimmt nicht. Insgesamt wird von etwa 150 Personen in der Gewalt der Terroristen ausgegangen - darunter sind auch US-Amerikaner.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen