Präsidentenwahl Stichwahl im Iran
Bis Mitternacht hatten die iranischen Behörden die Öffnungszeiten der Wahllokale noch verlängert, seither wurde ausgezählt. Nun ist klar: Die Favoriten Peseschkian und Dschalili müssen im Rennen um die Präsidentschaft in die Stichwahl.
Bei der Präsidentenwahl im Iran liegt der moderate Politiker Massud Peseschkian mit rund 42,5 Prozent der Stimmen vorn. Auf dem zweiten Platz folgt der Hardliner Said Dschalili mit rund 38,7 Prozent, wie der Sprecher der Wahlbehörde im Staatsfernsehen vermeldete. Da keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hat, geht es am 5. Juli - kommenden Freitag - in die Stichwahl.
Auf dem dritten Platz folgte der amtierende Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf mit rund 13,8 Prozent. Der islamische Geistliche Mostafa Purmohammadi kam auf weniger als ein Prozent der Stimmen.
Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, nachdem Amtsinhaber Ebrahim Raisi im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war.
Historisch schlechte Beteiligung
Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler waren am Freitag aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Die Wahlbehörde zählte insgesamt knapp mehr als 24 Millionen abgegebene Stimmen. Damit liegt die Wahlbeteiligung bei historisch schlechten 40 Prozent. Bei der vergangenen Präsidentenwahl im Jahr 2021 lag sie bei rund 49 Prozent.
Ursprünglich sollten die Wahllokale um 18 Uhr schließen, doch die Behörden verlängerten ihre Öffnungszeit mehrmals, insgesamt um sechs Stunden.
Viel Kritik an der Wahl
Insgesamt hatte der ultrakonservative Wächterrat nur sechs Kandidaten aus dem ultrakonservativen und moderat-konservativen Lager zugelassen, vier haben am Ende teilgenommen. Kritiker sprechen unter anderem deshalb von keiner echten Wahl.
Den Glauben an große innenpolitische Veränderungen haben die meisten im Land, vor allem junge Menschen, verloren. Einige Aktivisten, wie die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi, riefen zum Boykott der Abstimmung auf.
Schwierige wirtschaftliche und politische Lage
Der Präsident hat im Iran als Regierungsoberhaupt nur eingeschränkte Macht. Staatsoberhaupt und mächtigster Mann ist der 85 Jahre alte Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Im Wahlkampf debattierten die Kandidaten vor allem über Wege, die enorme Wirtschaftskrise im Land zu bewältigen.
Der Iran ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms mit internationalen Sanktionen belegt und vom weltweiten Finanzsystem weitgehend abgeschnitten. Das Land benötigt Investitionen in Milliardenhöhe.
Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.
Angriff auf Wahlhelfer
Einen tödlichen Zwischenfall bei der Wahl gab es im Südosten des Landes. Wie die Nachrichtenagentur Tasnim berichtete, attackierten Angreifer ein Fahrzeug von Wahlhelfern, die Stimmen in die Stadt Rask transportierten. Dabei hätten sie zwei Sicherheitsbeamte getötet. Der Ort und die Provinz waren in der jüngeren Vergangenheit mehrfach Schauplatz von Terrorangriffen.
Mit Informationen von Karin Senz, ARD-Studio Istanbul