
Proteste gegen Entscheidung Israels Regierung entlässt Geheimdienstchef
Israels Regierung hat den Chef des Inlandsgeheimdienstes entlassen. Als Grund nannte Premier Netanjahu einen Mangel an Vertrauen. Gegen die Entscheidung gingen Tausende auf die Straße, die Opposition zieht vor Gericht.
Israels rechtsreligiöse Regierung von Premierminister Benjamin Netanjahu hat ungeachtet wütender Massenproteste den Chef des Inlandsgeheimdienstes entlassen.
Das Kabinett habe Netanjahus Entscheidung, Schin Bet-Chef Ronen Bar seines Amtes zu entheben, einstimmig gebilligt, teilte das Büro des Ministerpräsidenten in der Nacht mit. Es ist laut Medien das erste Mal in der Geschichte Israels, dass eine Regierung den Leiter des Schin Bet entlässt.
Netanjahu spricht von mangelndem Vertrauen
Netanjahu, gegen den seit Jahren ein Korruptionsprozess läuft, hatte die Entlassung von Ronen Bar am Sonntagabend angekündigt. Als Grund nannte er einen "Mangel an Vertrauen" in den Geheimdienstchef.
Die Beziehungen zwischen den beiden gelten seit Längerem als belastet. Unter anderem geht es dabei um die Frage nach der Verantwortung für den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023, der den Krieg im Gazastreifen ausgelöst hat.
In einem vom Schin Bet dazu veröffentlichten Bericht räumte der Geheimdienst eigenes Versagen ein, kritisierte aber auch Netanjahu. Es hieß, eine verfehlte Regierungspolitik habe das Klima geschaffen, das zu dem Angriff führte.
Ermittlungen wegen angeblicher Zahlungen aus Katar
Außerdem ermittelt der Schin Bet gegen Vertraute von Netanjahu wegen angeblicher Beziehungen zu Katar. Dabei geht es Medienberichten zufolge um angebliche Geldzahlungen, die Netanjahus Berater von Katar erhalten haben sollen, um im Gegenzug das Image des Golfemirats in Israel zu verbessern.
Katar gehört neben Ägypten und den USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation. In Israels Presse werden die Ermittlungen als "Katargate" bezeichnet.
Opposition zieht vor das Oberste Gericht
Mehrere israelische Oppositionsparteien wollen gerichtlich gegen die Entlassung von Bar vorgehen. Die Mitte-Rechts-Partei "Jesch Atid" des Oppositionspolitikers Jair Lapid erklärte, sie habe beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen das Vorgehen der Regierung eingelegt. Sie verurteilte die Entlassung von Bar und gab an, die Entscheidung beruhe "auf einem eklatanten Interessenkonflikt" des Regierungschefs Netanjahu.
Die Berufung wurde im Namen von insgesamt vier Oppositionsparteien eingereicht: Neben "Jesch Atid" schlossen sich die zentristische Nationale Union des ehemaligen Verteidigungsministers Benny Gantz, die Demokratische Partei von Jair Golan und die nationalistische Partei Israel Beiteinu von Avigdor Lieberman an.
Proteste in Jerusalem
Netanjahu hatte Bar zuvor bereits aus dem israelischen Verhandlungsteam bei den indirekten Gesprächen mit der Hamas genommen. Bar werde sein Amt am 10. April beenden, es sei denn, es werde bereits zuvor ein Nachfolger ernannt, teilte Netanjahus Büro weiter mit.
Tausende Menschen protestierten bei strömendem Regen vor Netanjahus Amtssitz. Dabei kam es laut Medien auch zu Zusammenstößen mit der Polizei.

Demonstranten blockieren eine Straße nach Jerusalem während einer Demonstration gegen die Entlassung des Schin Bet-Chefs.
Polizisten setzten laut örtlichen Medien zum Teil Wasserwerfer ein, um die Protestler abzuhalten. Bereits in den Tagen zuvor hatte es große Proteste gegen Bars Entlassung gegeben.