Von Hamas entführte Frauen Erleichterung nach Freilassung von zwei US-Geiseln
Die Vermittlungsbemühungen hatten offenbar Erfolg: Erstmals hat die Hamas zwei der mehr als 200 Geiseln freigelassen. Die beiden Amerikanerinnen - Mutter und Tochter - wurden nach Israel gebracht. US-Präsident Biden zeigte sich erleichtert.
Knapp zwei Wochen nach der Entführung von mehr als 200 Menschen aus Israel hat die militant-islamistische Hamas im Gazastreifen erstmals zwei der insgesamt mehr als 200 Geiseln freigelassen. Die israelische Regierung bestätigte die Freilassung von zwei Frauen. Es handelt sich demnach um Mutter und Tochter. Nach Angaben der US-Regierung sind die beiden Amerikanerinnen.
"Heute Abend wurden Yehudit Tai Raanan und Natali Shoshana Raanan aus den Händen der Terrororganisation Hamas entlassen", teilte das Büro von Israels Premierminister Benjamin Netanyahu mit. Der israelische Verantwortliche für die Entführten und Vermissten, Brigadegeneral Gal Hirsch, habe sie an der Grenze des Gazastreifens empfangen. Sie seien danach zu einer Militärbasis im Zentrum des Landes gebracht worden, wo sie mit Familienangehörigen wiedervereint werden sollten.
Familie ist erleichtert
Die Erleichterung bei den Angehörigen von Judith Tai Raanan und ihrer Tochter Natalie Shoshana Raanan ist groß. Der US-Bürger Uri Raanan konnte offenbar bereits mit seiner Tochter sprechen. Er gehe davon aus, dass sie und seine Ex-Frau bald nach Hause kommen würden, erklärte Raanan, der in Chicago lebt, gegenüber der Zeitung "Boston Herald". "Ihr geht es gut. Ihr geht es sehr gut", sagte er nach dem Telefonat mit seiner Tochter. Er selbst sei in Tränen aufgelöst.
Er gehe nun davon aus, dass sie auf dem Weg nach Tel Aviv seien, um dort Verwandte zu treffen. Danach würden sie in die USA zurückkehren, was bedeute, dass seine Tochter kommende Woche ihren 18. Geburtstag mit Familienmitgliedern und Freunden werde feiern können, sagte Raanan.
Biden: "Bin überglücklich, dass sie bald mit ihrer Familie wiedervereint werden"
US-Präsident Joe Biden sprach nach Angaben des Weißen Hauses bereits mit den freigelassenen Geiseln. Er habe mit ihnen telefoniert und die volle Unterstützung der Regierung dabei zugesichert, sich "von dieser schrecklichen Tortur" zu erholen. Er sei überglücklich, dass die beiden bald mit ihrer Familie wiedervereint würden.
US-Außenminister Antony Blinken erklärte, er teile die Erleichterung der Familie der US-Bürgerin und ihrer minderjährigen Tochter. Doch seien viele weitere Geiseln in der Gewalt der Hamas, darunter Kinder und ältere Menschen. "Die gesamte Regierung der Vereinigten Staaten wird jede Minute an jedem Tag daran arbeiten, ihre Freilassung zu erreichen und ihre Liebsten nach Hause zu bringen", betonte Blinken.
Er und US-Präsident Biden hätten bei ihren Israel-Besuchen mit Angehörigen von einigen der Geiseln gesprochen. "Es ist unmöglich, angemessen in Worte zu fassen, welche Qualen sie durchleiden", sagte Blinken. "Keine Familie an jedwedem Ort sollte eine solche Folter durchmachen müssen."
Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes, das die befreiten Amerikanerinnen aus Gaza nach Israel gebracht hatte, sagte, ihre Freilassung biete "ein Stück Hoffnung" für diejenigen, die noch gefangen gehalten werden.
Freilassung erfolgte nach Vermittlung Katars
Die nun freigelassenen Frauen waren nach israelischen Angaben beim Großangriff der Hamas am 7. Oktober aus dem Kibbuz Nahal Oz entführt und in den Gazastreifen verschleppt worden. Sie seien zu Besuch bei Verwandten gewesen.
Ihre Freilassung war offenbar unter Vermittlung des Emirats Katar ausgehandelt worden. Das Außenministerium des Emirats erklärte, man versuche nun, durch weitere Kontakte auch die weiteren Geiseln freizubekommen.
Der militärische Arm der Hamas hatte zuvor mitgeteilt, die Frauen nach Verhandlungen mit Katar aus "humanitären Gründen" freigelassen zu haben. Dies diene auch dazu, den Bürgern in den USA und der ganzen Welt zu zeigen, dass die "Behauptungen" von Präsident Joe Biden und der "faschistischen" US-Regierung über die Hamas unbegründet seien, hieß es in der Erklärung.
Das israelische Militär schrieb in der Nacht zu der Freilassung auf Telegram: "Die Hamas stellt sich der Welt so dar, als hätte sie die Frauen, die sie als Geiseln genommen hat, aus humanitären Gründen zurückgegeben, während die Hamas in Wirklichkeit eine mörderische Terrororganisation ist, die gerade jetzt Säuglinge, Kinder, Frauen und ältere Menschen im Gazastreifen als Geiseln hält und weiterhin Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht."
Mehrheit der Geiseln offenbar am Leben
Nach israelischen Angaben entführte die Hamas insgesamt 203 Menschen in den Gazastreifen, unter ihnen viele ausländische Bürger und Doppelstaatler - auch Deutsche. Etwa 24 Kinder und Jugendliche sollen sich unter den Geiseln befinden.
Die Armee geht eigenen Angaben zufolge davon aus, dass die meisten der Geiseln noch am Leben sind. Etwa 1.400 Menschen wurden bei dem Terrorangriff getötet, in der Mehrheit Zivilisten. Seit den Terroranschlägen gelten zudem noch 100 bis 200 Menschen als vermisst.