Nach iranischem Angriff Israel will mit Härte reagieren - aber Krieg vermeiden
Dass entschieden auf den Angriff durch den Iran geantwortet werden muss, steht für Israel fest. Doch einen weiteren Krieg soll die eigene Reaktion nicht auslösen - auch, weil ein Kampf an dritter Kriegsfront droht.
Der Ort war mit Bedacht gewählt: Israels oberster Offizier, Generalstabschef Herzi Halevi, trat auf der Luftwaffenbasis Nevatim vor die Presse. Von dort waren in der Nacht von Samstag auf Sonntag Kampfjets zur Abwehr des iranischen Angriffs aufgestiegen. Dort waren auch einzelne Geschosse eingeschlagen, hatten aber nur geringen Schaden angerichtet.
Die Basis sei ungeachtet des Beschusses durchgehend in Betrieb gewesen, bilanzierte Israels Armeeführung stolz, und Stabschef Halevi machte deutlich: "Wir werden auf diesen Angriff reagieren."
Wir schauen voraus und erwägen unsere Schritte. Das Feuern von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen auf israelisches Staatsgebiet wird beantwortet werden.
Israel lässt Zeitpunkt offen
Doch wann, mit welchen Mitteln und in welchem Ausmaß - darüber schwieg sich der Generalstabschef aus. Über den Zeitpunkt werde noch entschieden, erklärte Israels Armeesprecher Daniel Hagari. "Wir kämpfen an verschiedenen Fronten. Die Bedrohungen sind unterschiedlich stark und treten unterschiedlich häufig auf, und daran orientiert sich unser Vorgehen", so Hagari. Dieses Vorgehen könne sich "in den nächsten Tagen verändern, und wir werden Sie dann umgehend darüber informieren".
Kriegskabinett berät über Umgang mit Angriff
Stunden zuvor war ein Treffen des israelischen Kriegskabinetts ohne eine offizielle Bekanntgabe von Ergebnissen zu Ende gegangen. Der israelische Sender Kanal 12 berichtete unter Berufung auf ungenannte Quellen, das Kabinett habe sich darauf geeinigt, mit Härte auf den iranischen Angriff zu reagieren. Dafür solle aber ein Weg gewählt werden, der nicht in einem Krieg münden könnte.
Die US-Regierung soll - Medienberichten zufolge - von der israelischen Führung informiert worden sein, dass der massive direkte Angriff des Iran nicht unbeantwortet bleiben könne.
Warnung vor Flächenbrand in Nahost
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu steht unter Druck. Der äußerste rechte Rand seiner Koalition dringt auf einen Gegenschlag. Viele westliche Partner, allen voran die USA als wichtigster Verbündeter Israels, warnen vor einem Flächenbrand.
Diese Sorge wird von vielen in Israel geteilt. Einer von ihnen ist Yossi Cohen, ehemaliger Chef des Auslandsnachrichtendienstes Mossad. Er sagte im Interview mit dem israelischen Sender KAN: "Neue Fronten aufzumachen ist in der gegenwärtigen Lage nicht gut für Israel. Unser Kampf gegen die Hamas ist noch nicht vorbei. Ich bin nicht dafür, die Last, die auf der Nation liegt, durch das Eröffnen zusätzlicher Fronten zu vergrößern."
Grenze zum Libanon bereits zweite Front
Eine weitere Front neben dem Krieg im Gazastreifen hat Israel ja schon - an seiner Nordgrenze. Immer wieder gibt es dort Angriffe der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz aus dem Libanon und die israelische Armee greift weiter Ziele in dem Nachbarland an, die sie der Hisbollah zuordnet.
Im Gazastreifen hält Israel, trotz großer internationaler Kritik, an seiner geplanten Offensive gegen die Stadt Rafah fest. Verteidigungsminister Yoav Gallant beriet erneut mit Armeevertretern über Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung. Rafah ist mit Flüchtlingen überfüllt. Ein Waffenstillstand im Gazastreifen und eine Freilassung der israelischen Geiseln, die sich weiter in der Gewalt der Terrormiliz Hamas befinden, scheinen aktuell nicht in Sicht. Die Verhandlungen stocken.