Flaggenmarsch in Jerusalem Auseinandersetzungen auf dem Tempelberg
Auf dem Tempelberg in Jerusalem sind Palästinenser und jüdische Besucher aneinandergeraten. Angesichts des umstrittenen Flaggenmarsches ultranationalistischer Israelis wird eine weitere Eskalation befürchtet.
Vor einem umstrittenen Flaggenmarsch in Jerusalem ist es auf dem Tempelberg zu Konfrontationen gekommen. Palästinenser lieferten sich Auseinandersetzungen mit jüdischen Besuchern, wie die Polizei bestätigte. Rund 2600 Juden besuchten den Angaben zufolge bis zum Nachmittag die heilige Stätte. Einige von ihnen schwenkten israelische Flaggen und beteten, ein Verstoß gegen die Regeln. Sie wurden vom Tempelberg entfernt. Es gab nach Polizeiangaben nach den Konfrontationen einige Festnahmen.
Berichten zufolge verschanzten sich Dutzende Palästinenser in der Al-Aksa-Moschee und warfen Gegenstände und Feuerwerkskörper. Damit protestierten sie laut der Nachrichtenagentur AP auch gegen den Besuch des rechtsradikalen Parlamentsabgeordneten Itamar Ben-Gvir.
Der Tempelberg (Al-Haram al-Scharif) mit dem Felsendom und der Al-Aksa-Moschee ist die drittheiligste Stätte im Islam. Sie ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Der Tempelberg steht unter muslimischer Verwaltung, während Israel für die Sicherheit zuständig ist. Laut einer Vereinbarung mit den muslimischen Behörden dürfen Juden die Anlage besuchen, dort aber nicht beten.
Eskalation wegen Flaggenmarsches befürchtet
Aus Sorge vor einer Eskalation ist Israels Polizei vor dem umstrittenen Flaggenmarsch in Jerusalem in höchste Alarmbereitschaft versetzt worden. Rund 3000 Sicherheitskräfte sollen den Marsch nationalistischer Israelis am Nachmittag absichern. Er führt auch durch das muslimische Viertel der Altstadt, was die Palästinenser als Provokation sehen.
Der Marsch findet seit Jahrzehnten jährlich am Jerusalem-Tag statt. Dabei wird die israelische Eroberung Ost-Jerusalems während des Sechstagekrieges 1967 gefeiert. Die Palästinenser sehen den arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als künftige Hauptstadt eines eigenen Staates. Die im Gazastreifen herrschende Hamas hatte vor dem Marsch mit einer gewaltsamen Reaktion gedroht.
Im vergangenen Jahr war der Flaggenmarsch am 10. Mai wegen Raketenangriffen der Hamas auf Jerusalem abgebrochen worden. Israel griff daraufhin Ziele in dem Küstengebiet an. Während eines elftägigen Konflikts wurden damals 255 Palästinenser getötet. In Israel kamen 14 Menschen ums Leben.
Der Konflikt zwischen Israel und militanten Palästinensern hatte sich in den vergangenen Wochen massiv verschärft. Seit März wurden bei anti-israelischer Gewalt durch Palästinenser und arabische Israelis 19 israelische Zivilisten getötet. Die israelischen Sicherheitskräfte reagierten mit Einsätzen in Israel und im von Israel besetzten Westjordanland - vor allem in der Gegend um Dschenin, einer Hochburg bewaffneter Palästinensergruppen. Dabei starben drei israelisch-arabische Angreifer, ein Polizist sowie 35 Palästinenser in Israel und im Westjordanland.