Syrien Massive Luftangriffe - und viel Kritik an Israel
Seit dem Ende des Assad-Regimes fliegt Israel verstärkt Angriffe auf Ziele in Syrien. Chemiewaffen dürften nicht in die Hände von Extremisten gelangen. In den Nachbarstaaten werden aber auch andere Motive vermutet.
Am frühen Morgen waren wieder laute Explosionen zu hören in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Bashar al-Assad bombardiert Israel in hoher Intensität Ziele im Nachbarland.
Von mehr als 300 Angriffen in 48 Stunden spricht die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Der Handwerker Mohamed hat sich lieber in Sicherheit gebracht - aus Damaskus in Richtung Libanon: "Das laute Knallen der israelischen Bombardierungen hat die ganze Nacht nicht aufgehört. Die Angriffe erschütterten alles."
Jeder Einschlag sei lauter und heftiger als der vorherige gewesen, so Mohamed. "Wo Israel zuschlägt, wissen wir nicht genau, aber man kann sagen, dass es sich um eine Zone um Damaskus handelt - in der Nähe iranischer Stützpunkte."
Gasgeruch aus zerstörtem Forschungszentrum
Israels Außenminister Gideon Saar hatte gestern angegeben, sein Land habe "strategische Waffensysteme angegriffen, darunter Reste von Chemiewaffen sowie Langstreckenraketen, damit sie nicht in die Hände von Extremisten fallen."
Gezielt wurde auf Marinebasen an der Küste und mehrere Militärflughäfen im ganzen Land - sowie mehrere Orte im Umland der Hauptstadt. Nach der Bombardierung eines Forschungszentrums bei Damaskus berichteten Anwohner von einem starken Gasgeruch. Das Assad-Regime hatte im Krieg mehrfach Giftgas gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt.
UN verurteilen Israels Vorgehen
Das israelische Militär beschränkt sich beim Einsatz im Nachbarland nicht auf Luftangriffe. Israelische Truppen drangen von den besetzten Golanhöhen aus mit Panzern in Richtung Damaskus vor.
Das sei ein eindeutiger Verstoß gegen das sogenannte Entflechtungsabkommen zwischen Israel und Syrien aus dem Jahr 1974, sagte Geir Pedersen, der UN-Sondergesandte für Syrien auf einer Pressekonferenz in Genf. Die israelischen Luftangriffe und das Eindringen auf syrisches Territorium seien sehr besorgniserregend und müssten aufhören.
Israel selbst spricht von einer Verlegung von Soldaten innerhalb der Pufferzone zwischen den beiden Ländern und bezeichnet den Vormarsch als defensive Aktion.
Zugleich widersprach ein Militärsprecher Medienberichten, denen zufolge israelische Panzer nahe Damaskus stehen sollen. Auf der Plattform X bezeichnete er diese als "komplett falsch".
Misstrauen bei arabischen Experten
Arabische Beobachter argwöhnen hingegen, dass Israel weitergehende Ziele verfolgt, als nur die Gefahr durch Islamisten zu bannen. "Israel will die stärkste Macht in dieser Region bleiben, handeln, wie es ihr beliebt, und die Geografie nach Belieben kontrollieren", sagt Ahmed El Hammadi. Der ehemalige Brigadegeneral der syrischen Armee hat sich vor Jahren der Opposition gegen Assad angeschlossen und lebt heute in Istanbul.
"Israel hat die Gelegenheit genutzt, während es in Syrien zu einem Machtwechsel kommt, die Armee vollständig zusammengebrochen ist und Chaos herrscht", so El Hammadi. "Daher bombardiert Israel Stellungen und die Infrastruktur der syrischen Armee."
Ägypten, Katar und Saudi-Arabien verurteilten den israelischen Vormarsch in Syrien als Verstoß gegen das Völkerrecht. Dieser gefährde die Chancen, in Syrien nach dem Sturz von Assad wieder mehr Sicherheit herstellen zu können.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu hatte gestern davon gesprochen, dass sein Land das Gesicht des Nahen Ostens verändern wolle.