Nach Angriff auf Golanhöhen Im Libanon wächst die Sorge vor Krieg mit Israel
Nach Israels Vergeltungsschlägen auf Hisbollah-Ziele bemüht sich Libanons Regierung um versöhnliche Töne. Einen Krieg mit Israel will sie vermeiden. Auch die Bevölkerung blickt nervös auf die kommenden Tage.
Wie groß die Sorgen und die Angst vor einem Krieg im Libanon sind, zeigt sich daran: Die libanesische Regierung meldet sich kurz nach dem Raketenangriff auf den Ort Madschal Schams zu Wort. Sie verurteilt die Tat und ruft zu einem Ende der Kämpfe auf. Das ist ein neuer Ton, denn seit Oktober hatte die Regierung zu den Gefechten zwischen der schiitischen Hisbollah-Miliz und der israelischen Armee weitgehend geschwiegen.
Jetzt folgt die sorgenvolle Stellungnahme. Allerdings ist der Einfluss der Regierung auf die vom Iran unterstützte Hisbollah-Miliz gering. Vermehrt werden aber Stimmen im Libanon laut, die die Hisbollah auffordern, ihre Angriffe einzustellen.
"Vielleicht an der Zeit, die Kämpfe zu beenden"
Viele Libanesen sind besorgt, in einen Krieg hineingezogen zu werden, den sie nicht wollen. So wie Ali Hamada. Der Kolumnist der Zeitung An-Nahar setzt sich im von Saudi-Arabien kontrollierten Fernsehsender al-Hadath dafür ein, dass der Krieg beendet wird. "Selbst wenn die israelische Antwort begrenzt und gemäßigt ausfällt, wie es die Amerikaner fordern, wird es ein nächstes und ein übernächstes Mal geben. Was tun wir dann?" Vielleicht sei es nun an der Zeit, die Kämpfe zu beenden und die libanesische Front von der südlichen Front - das heißt: von Gaza - zu trennen, sagt Hamada.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs im vergangenen Oktober liefern sich die Hisbollah und Israels Armee nahezu täglich Gefechte. Dabei macht die Hisbollah immer wieder deutlich: Erst wenn der Krieg in Gaza beendet ist, stellt auch sie ihre Angriffe ein.
Mehr als 100.000 Menschen im Norden Israels und im Südlibanon haben ihre Dörfer verlassen - mehrere Hundert Menschen wurden seit Oktober getötet.
Nahostexperte geht von einem Unfall aus
Am Samstag dann der vorläufige Höhepunkt der Eskalationen: Zwölf Kinder und Jugendliche werden bei einem Fußballspiel getötet. Nach Angaben der israelischen Armee durch eine Rakete iranischer Bauart, die nur die Hisbollah verwende. Die Miliz teilte in einer Erklärung schnell mit, sie habe mit dem Angriff nichts zu tun.
Nahostexperte Omar Baddr erklärte im Programm des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera, nur eine unabhängige Untersuchung könne das aufklären. "Noch haben wir nicht alle Fakten", sagte Baddr. "Aber ziemlich sicher ist dies ein Unfall. Egal, wer dafür verantwortlich ist, niemand in der Region hat ein Interesse daran, auf Fußball spielende Kinder zu zielen, in einem drusischen Ort auf den besetzten Golanhöhen."
Tausende Menschen haben an der Beerdigung von zehn Opfern des Raketenangriffs teilgenommen.
Mehrere Verletzte nach Angriffen im Landesinneren
Israel hat keine Zweifel, dass die Rakete von der Hisbollah kommt. Am Morgen greift das Militär Ziele im Libanon an. Arabischen Medien zufolge nicht nur in unmittelbarer Nähe der Grenze, sondern weit im Landesinneren - nahe der Küstenstadt Tyros und in der Bekaa-Ebene im Osten des Landes. Mehrere Bewohner seien verletzt worden, und es gebe erheblichen Sachschaden.
Im Libanon ist die Sorge groß, dass der israelische Gegenschlag in den kommenden Tagen noch deutlich heftiger ausfallen wird.