Mehr als 230 neue Arten Vampir-Igel und "Game of Thrones"-Eidechse
Ein Kleiner Rattenigel mit Vampir-Zügen und eine Otter, die Wimpern zu haben scheint: In der Mekong-Region wurden laut Umweltstiftung WWF zahlreiche neue Arten gefunden - doch viele sind bedroht.
In der südostasiatischen Mekong-Region haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im vergangenen Jahr mehr als 230 zuvor nicht beschriebene Wirbeltier- und Pflanzenarten registriert. Die Umweltstiftung WWF präsentiert in einem neuen Bericht die Arbeit von Hunderten von Expertinnen und Experten, die in rund zwölf Monaten 173 Gefäßpflanzen, 26 Reptilien, 17 Amphibien, 15 Fische und drei Säugetiere entdeckt haben.
Damit sei die Gesamtzahl der seit 1997 in der Region um den mächtigen Fluss Mekong neu beschriebenen Arten auf 3.623 gestiegen, schreibt die Umweltstiftung. Die Mekong-Region umfasst die Länder Kambodscha, Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam.
Getarnte Eidechsen und blattlose Orchideen
Zu den skurrilsten Entdeckungen aus dem Jahr 2023 zähle eine oft gut getarnte Eidechse (Laodracon carsticola), die angesichts ihres steinernen Aussehens bei "Game of Thrones" mitspielen könne, wie der WWF schreibt.
Die Eidechsenart Laodracon carsticola ist perfekt an steinige Umgebung angepasst.
Das zu den Kleinen Rattenigeln zählende Tier Hylomys macarong mit weichem Fell und scharfen Reißzähnen, wurde nach dem vietnamesischen Wort Ma ca rong für Vampir benannt.
Weiches Fell, aber mit Biss: der Kleine Rattenigel.
Blattlose Orchidee auf Markt gefunden
Es gibt dem WWF zufolge unterschiedliche Möglichkeiten, wie neue Arten entdeckt werden. Einige würden bei Feldbesuchen gesammelt und lagerten dann jahre- oder sogar jahrzehntelang in Naturkundemuseen und botanischen Gärten, ehe sie analysiert würden. Manchmal würden Arten auch im Handel gefunden.
So entdeckten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielsweise auf einem Markt eine blattlose Orchidee (Chiloschista quangdangii), die wahrscheinlich bereits durch Raubbau bedroht ist. Gefunden wurde auch eine grün-schwarze Grubenotter (Trimeresurus ciliaris), deren Marmorierung wirke, als habe sie lange Wimpern.
Durch die grün-schwarze Färbung sieht es so aus, als hätte die Otter Trimeresurus ciliaris Wimpern.
Arten könnten noch vor Entdeckung ausgelöscht werden
"Obwohl diese Arten erst im vergangenen Jahr von der Wissenschaft beschrieben wurden, leben sie schon seit vielen Jahrtausenden in den einzigartigen Lebensräumen der Mekong-Region", erklärt Asienexperte Stefan Ziegler vom WWF Deutschland.
"In der Mekong-Region gibt es vermutlich noch unzählige Arten, die die Wissenschaft nicht kennt", so Ziegler. "Es könnten Tier- und Pflanzenarten für immer ausgelöscht werden, bevor wir überhaupt von deren Existenz erfahren."
Bedrohung durch Klimawandel und invasive Arten
Da viele dieser Arten bereits durch menschliche Aktivitäten vom Aussterben bedroht sind, forderte der WWF die Regierungen der Region auf, den Schutz dieser seltenen Lebewesen und ihrer Lebensräume zu verstärken. Die Tier- und Pflanzenwelt der Greater Mekong Region stehe unter starkem Druck durch Lebensraumverlust und -verschlechterung, illegalen Wildtierhandel, Klimawandel, Verschmutzung und invasive Arten.
Trotz der intensiven forst- und landwirtschaftlichen Nutzung in den vergangenen 50 Jahren gelte Südostasien, insbesondere die Region rund um den Mekong, aufgrund der biologischen Vielfalt als eine "Schatzkammer der Biodiversität."