Anhaltende Spannungen Nordkorea setzt offenbar Marschflugkörper ein
Erst vor drei Tagen hatte Nordkorea zwei ballistische Raketen ins Meer abgefeuert. In der Nacht folgte nun offenbar ein Test mit Lenkwaffen Das teilte das südkoreanische Militär mit - man sehe "Anzeichen für weitere Aktivitäten".
Nordkorea hat nach südkoreanischen Angaben mehrere Marschflugkörper ins Meer abgeschossen. Sie seien gegen 4 Uhr Ortszeit (Freitag 21 Uhr MESZ) im Meer zwischen China und der koreanischen Halbinsel niedergegangen, teilte der südkoreanische Generalstab mit.
Er gab aber zunächst nicht bekannt, wie viele Raketen abgefeuert worden und wie weit sie geflogen seien. Südkorea und die USA analysierten die Starts und beobachteten "Anzeichen für weitere Aktivitäten", hieß es weiter.
Einsatz für nukleare Sprengköpfe möglich
Nordkorea hat in den vergangenen Jahren mehrmals neu entwickelte Marschflugkörper getestet, die es als "strategisch" bezeichnete. Das lässt auf die Absicht schließen, sie mit Atomwaffen ausrüsten zu können. Nach Ansicht von Experten würden diese Waffen in erster Linie für Angriffe auf Schiffe und Häfen eingesetzt werden. Die Marschflugkörper sind so konstruiert, dass sie nur schwer vom Radar entdeckt werden können. Sie gehören zu einer wachsenden Zahl nordkoreanischer Waffen, die darauf abzielen, die Raketenabwehr des Südens zu überwinden.
Am Mittwoch hatte Nordkorea zwei ballistische Kurzstreckenraketen ins Meer abgefeuert. Sie flogen etwa 550 Kilometer weit, bevor sie in den Gewässern östlich der koreanischen Halbinsel einschlugen. Die Flugdistanz dieser Raketen entsprach in etwa der Entfernung zwischen Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang und der südkoreanischen Hafenstadt Busan.
Gegenseitige Drohungen aus Pjöngjang und Seoul
Dort hatte am Dienstag zum ersten Mal seit den 1980er-Jahren ein atomar bewaffnetes US-U-Boot in Südkorea angelegt. Der nordkoreanische Verteidigungsminister sprach am Donnerstag eine versteckte Drohung aus, wonach das Andocken der "USS Kentucky" in Südkorea ein Grund für einen Atomangriff des Nordens sein könnte. Nordkorea hat sich schon früher solcher Rhetorik bedient. Aber die Äußerungen unterstrichen, wie angespannt die Beziehungen derzeit sind.
Das südkoreanische Verteidigungsministerium bezeichnete die Stationierung der "USS Kentucky" als "defensive Reaktionsmaßnahme" zur Abwehr der nordkoreanischen Bedrohung. Das Ministerium erklärte, es warne nachdrücklich davor, dass jeder nukleare Angriff des Nordens auf die Verbündeten mit einer "sofortigen, überwältigenden und entschlossenen Antwort" erwidert würde, die dem nordkoreanischen Regime ein Ende bereiten werde.
Die Regierungen in Seoul und Washington hatten im April als Reaktion auf die wachsende nukleare Bedrohung durch Nordkorea regelmäßige Besuche von für den Abschuss ballistischer Atomraketen geeigneten U-Booten in Südkorea vereinbart. Dieser Schritt sollte Stimmen im Süden der Halbinsel beschwichtigen, die ein eigenes Atomwaffenprogramm des Landes fordern. Zudem hielten die USA und Südkorea in den vergangenen Monaten gemeinsame Militärmanöver ab.
Vermehrte Waffentests Nordkoreas
Die Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea befinden sich derzeit auf einem Tiefpunkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un strebt die Ausweitung der Waffenentwicklung an, darunter auch taktische Atomwaffen. Nordkorea ist durch UN-Beschlüsse die Erprobung von ballistischen Raketen verboten, die - je nach Bauart - auch atomare Sprengköpfe tragen können. Tests von Marschflugkörpern unterliegen nicht den Sanktionen gegen Nordkorea.
Seit Anfang 2022 hat Nordkorea rund 100 Raketen probeweise abgefeuert und damit versucht, seine Fähigkeit zu nuklearen Angriffen sowohl auf Südkorea als auch auf die USA zu demonstrieren. Zuletzt hatte das Land am 12. Juli eine neue Interkontinentalrakete mit Feststoffantrieb im Flug erprobt, die eine potenzielle Reichweite bis zum amerikanischen Festland hatte.
Botschafter: Auf atomare Abrüstung hinarbeiten
Das kommunistisch Nordkorea ist international weitgehend isoliert. Das Land unterliegt wegen seines Raketen- und Atomwaffenprogramms seit 2006 UN-Sanktionen, die bis 2017 drei Mal verschärft wurden. Die USA, die EU und einige Partnerländer baten China am Freitag in einem gemeinsamen Brief um "Hilfe", Nordkorea am Umgehen der UN-Sanktionen zu hindern.
In ihrem Brief an den chinesischen Botschafter Zhang Jun äußerten sie sich "besorgt", dass von den Sanktionen betroffene Erdölfrachter immer wieder in chinesischen Gewässern gesichtet würden. China müsse diese Schiffe inspizieren und umgehend ausweisen. Das Schreiben wurde von den Botschaftern Deutschlands, Frankreichs, Italiens, der EU, Großbritanniens, der USA, Kanadas, Australiens, Neuseelands, Japans und Südkoreas unterzeichnet.
Beigefügt wurden Satellitenbilder, die nach Angaben der Botschafter zeigen, dass "diese Praktiken in Chinas Hoheitsgebiet" 2022 und 2023 angedauert hätten. Die Botschafter forderten Peking nun auf, "eine starke und einige Botschaft auszusenden, dass Nordkorea von Provokationen absehen, seine Verpflichtungen einhalten soll". Das Land müsse auf eine vollkommene, nachprüfbare und irreversible atomare Abrüstung der koreanischen Halbinsel" hinarbeiten.