Pressekonferenz in Moskau Putin gibt sich siegessicher
Bekannt siegessicher gab sich Russlands Präsident vor ausgewähltem Publikum. Aus Kursk werde man ukrainische Soldaten "hinauswerfen", "Oreschnik"-Raketen eventuell weiter einsetzen. Der Wirtschaft gehe es gut genug.
Auf seiner jährlichen Pressekonferenz in Moskau hat der russische Präsident Wladimir Putin die Situation seines Landes ein weiteres Mal als positiv dargestellt - sowohl wirtschaftlich als auch mit Blick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Ungeachtet zahlreicher Sanktionen zog der 72-Jährige eine insgesamt zufriedenstellende Wirtschaftsbilanz - vor allem im Vergleich zu westlichen Industrienationen.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde 2024 um 3,9 Prozent, "vielleicht sogar vier Prozent" wachsen, prognostizierte der Kreml-Chef bei der Veranstaltung, zu der auch als Bürgersprechstunde eingeladen wurde. In den vergangenen beiden Jahren habe das BIP sogar um acht Prozent zugelegt, so Putin. Im gleichen Zeitraum habe Deutschland null Prozent Wachstum gezeigt.
Mit Blick auf die Ukraine ändere die Situation sich "radikal", so Putin. "Wir rücken entlang der gesamten Frontlinie vor", behauptete er. Im von ihm stets "spezielle Militäroperation" genannten Krieg sei man auf dem Weg "unsere Ziele zu erreichen". Auch drohte der russische Präsident mit einem "Oreschnik"-Angriff auf die ukrainische Hauptstadt.
Herausforderung zum "Hightech-Duell"
Putin drohte mit weiteren Einsätzen der neuen Mittelstreckenrakete namens "Oreschnik" gegen Ziele in der Ukraine. Diese könne auch auf Militäreinrichtungen von Staaten abgefeuert werden, die der Ukraine gestattet haben, von ihnen gelieferte Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen. Entgegen Aussagen einiger westlicher Experten sei die Rakete nicht abzufangen, sagte Putin und forderte westliche Verbündete der Ukraine zu einem "Hightech-Duell" heraus.
Er schlug vor, dass Moskau einen Angriff auf Kiew mit der "Oreschnik"-Rakete im Voraus ankündigen könnte - um zu sehen, ob der Westen die ukrainische Hauptstadt schützen könnte. "Mal sehen, was passiert", fügte er hinzu.
Auf die Frage, wann die russischen Truppen die ukrainischen Streitkräfte aus der russischen Region Kursk vertreiben werden, antwortete Putin, dass "wir sie ganz sicher hinauswerfen werden", nannte aber keinen Zeitpunkt.
Putin kündigte außerdem an, die durch die Kämpfe beschädigte Infrastruktur wiederherzustellen. Der Präsident forderte die Teilnehmer der sorgfältig inszenierten Veranstaltung in Moskau auf, ein Banner zu entrollen, das ihm von Marinesoldaten überreicht worden sei, die gegen die ukrainischen Streitkräfte kämpften, die in Kursk eingedrungen sind.
Treffen mit Assad sei geplant
Bei der Veranstaltung äußerte sich Putin darüber hinaus erstmals öffentlich zum Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. In den Geschehnissen sehe Putin keine "Niederlage" für Russland. "Ich versichere Ihnen, das ist es nicht", sagte Putin. Russland sei "vor zehn Jahren nach Syrien gegangen, um die Entstehung einer terroristischen Enklave wie in Afghanistan zu verhindern", sagte Putin. "Im Großen und Ganzen" sei dieses Ziel erreicht worden, auch wenn es sich nach wie vor um eine "schwierige" Situation handele.
Den entmachteten syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wolle der Kreml-Chef in dessen Asyl in Russland treffen. Nach der Gewährung des Asyls habe es bisher noch kein Treffen mit Assad gegeben, so der russische Präsident. Er versprach auf die Frage eines Journalisten des US-Senders NBC, bei einem künftigen Treffen auch eine Frage zu einem seit zwölf Jahren vermissten US-Amerikaner anzusprechen. Demnach hatte die Mutter des vermissten Reporters Putin in einem Brief aufgerufen, die Frage bei Assad zu thematisieren. Putin meinte, dass zwölf Jahre eine lange Zeit seien und in Syrien damals viel passiert sei.
Russland hält laut Putins Angaben nach Assads Entmachtung nun zu allen Gruppierungen in Syrien Kontakt. Zudem wolle Moskau seine Luftwaffen- und seine Marinebasis dort behalten. Russland habe auch 4.000 iranische Kämpfer aus Syrien evakuiert.
Teuerung von fast zehn Prozent
Putin räumte zwar ein, dass es Probleme bei der Bekämpfung der Inflation gebe. Seinen Angaben nach sind die Preise im Jahresverlauf um 9,2 bis 9,3 Prozent gestiegen. Dies hänge aber etwa bei den Lebensmitteln damit zusammen, dass der Verbrauch gestiegen sei.
Ökonomen warnen vor einem deutlichen Einbruch der Wachstumsraten im kommenden Jahr. Neben der hohen Inflation macht der russischen Wirtschaft auch der sehr hohe Leitzins Probleme, der bei 21 Prozent liegt.
Bei Jahrespressekonferenz und Bürgersprechstunde äußert sich Putin traditionell zu den drängendsten Problemen des Landes. Neben sozialen und wirtschaftlichen Themen beherrschen seit Beginn der von Putin befohlenen Invasion auch Fragen zu dem Angriffskrieg in der Ukraine die Fragestunde. Die mehrstündige Veranstaltung bietet dem Kremlchef die Chance, sich als Kümmerer zu präsentieren.
Karte der Ukraine und Russlands, hell schraffiert: von Russland besetzte Gebiete