Bürgerkrieg Wer sind die Aufständischen in Syrien?
Rebellen haben in Syrien die Truppen von Machthaber Assad überrumpelt und die Kontrolle über Aleppo an sich gerissen. Angeführt werden die Aufständischen von einer islamistischen Gruppe - offenbar mit Billigung der Türkei.
Kämpfer der syrischen Aufständischen feiern hupend ihren Einzug in Aleppo. In nur wenigen Tagen sind die Milizen in die Millionenstadt im Norden des Landes eingedrungen und haben dort die vollständige Kontrolle von den Regierungstruppen übernommen.
Auch in den Regionen Idlib und Hama eroberten sie zahlreiche Ortschaften. "Unsere Kräfte konnten dabei mehrere wichtige Stellungen befreien", verkündet ein Kommandeur voller Stolz. "Wir sagen zu den Soldaten des Feindes: Ihr habt noch Zeit, euch von der verbrecherischen Bande, die viel syrisches Blut vergossen hat, abzuwenden".
Aufständische unter islamistischer Führung
Der Feind - das ist das Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad aus Sicht der Aufständischen. Die werden von der islamistischen Gruppe Hayat Tahrir al-Sham, kurz HTS, angeführt. Sie ist aus der Nusra-Front hervorgegangen, einem Ableger von Al-Qaida.
Der Anführer der HTS, Abu Mohammad al-Jolani, sagte sich jedoch seit 2017 öffentlichkeitswirksam los von dem globalen Terrornetzwerk. HTS, so scheint es bislang, scheint ausschließlich in Syrien kämpfen zu wollen. Allerdings stehen Berichten zufolge auch ausländische Dschihadisten in ihren Reihen, so beispielsweise aus Saudi-Arabien und dem Kaukasus.
"Die Türkei hat grünes Licht gegeben"
In den letzten Jahren herrschte die HTS über einen Teil der Provinz Idlib im Nordwesten Syriens. Ihre Macht dort baute die Miliz Schritt für Schritt aus - unter anderem, indem sie sich mit der Türkei arrangierte. Diese kontrolliert über Milizen einen Teil Nordsyriens.
Viele Beobachter sind überzeugt, dass Ankara über den Vormarsch der Aufständischen nach Aleppo im Bilde war. "Die Türkei weiß über die Operation Bescheid, sie kennt ihre Einzelheiten und hat grünes Licht gegeben", sagt Ramy Abdel Rahman, der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Seine Organisation mit Sitz in Großbritannien gilt als gut vernetzt unter Gegnern des Assad-Regimes.
Wie schnell die Aufständischen vormarschieren konnten, hat jedoch auch ihn überrascht. Seit mehr als vier Jahren haben sich die Fronten im Krieg in Syrien nicht mehr so stark verschoben. Vielerorts zogen sich die Regierungstruppen kampflos zurück - um zivile Opfer zu vermeiden, behauptet das Assad-Regime.
Assad kündigt Gegenoffensive an
Die syrische Regierung habe ein paar Tage gebraucht, um die neue Situation zu verstehen, meint der Militärexperte Yaareb Sakhr im Programm des Nachrichtensenders Al-Hadath. "Jetzt, da die Gefahr in Hama groß geworden ist, hat das Assad-Regime den Ernst der Lage erkannt. Sollte es bewaffneten Gruppen gelingen, hier erfolgreich zu sein, könnten sie bis nach Homs gelangen. Von dort könnten sie die Straße nach Damaskus erreichen."
Soweit will es Präsident Assad nicht kommen lassen - er hat den Aufständischen mit Vernichtung gedroht. Die Planung einer Gegenoffensive ist in vollem Gange, auch mit Unterstützung des Verbündeten Russland. Russische Kampfjets haben in den vergangenen Tagen Ziele in den von den Aufständischen gehaltenen Zielen bombardiert - in Idlib und auch in Aleppo. Gut möglich, dass der erneute Kampf um Syriens zweitgrößte Stadt gerade erst begonnen hat.