Hilfsprogramm geplant Weitere 500 Milliarden Euro für Europa
Deutschland und Frankreich haben ein 500-Milliarden-Euro-Programm zur wirtschaftlichen Erholung der EU nach der Corona-Krise vorgeschlagen. Das gaben Kanzlerin Merkel und Präsident Macron nach einer Videokonferenz bekannt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wollen zusätzlich zu den bereits beschlossenen Hilfsmaßnahmen einen Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von 500 Milliarden Euro für die Europäische Union einrichten. Die Corona-Pandemie sei die schwerste Krise der EU in ihrer Geschichte - und erfordere entsprechende Antworten, erklärte Merkel nach einer Videokonferenz mit Macron.
"Ziel ist, dass Europa gestärkt, zusammenhaltend und solidarisch aus dieser Krise kommt", sagte die Kanzlerin. Da das Coronavirus sich in den europäischen Ländern unterschiedlich stark auswirke, sei der Zusammenhalt in der Union gefährdet. Merkel warb daher für eine "außergewöhnliche, einmalige Kraftanstrengung", zu der Deutschland und Frankreich bereit seien. Dabei sollten insbesondere Investitionen in den Bereichen des ökologischen und digitalen Wandels gefördert werden.
Macron: Gezielte Hilfen für die am stärksten Betroffenen
Macron nannte das Programm eine "bedeutende Etappe": "Eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich ist keine Einigung der 27 Mitgliedsstaaten. Aber es gibt keine Einigung zwischen den 27, wenn Deutschland und Frankreich sich nicht vorher geeinigt haben", sagte er.
Es sollten dabei Branchen und Regionen unterstützt werden, die am schwersten betroffen seien, so Macron. Paris würden den übrigen EU-Partnern erstmals eine gemeinsame Schuldenaufnahme auf den Finanzmärkten vorschlagen. Macron hatte sich in der Corona-Krise mehrfach für eine verstärkte Haushalts-Solidarität innerhalb der EU ausgesprochen.
Hilfeempfänger sollen Gelder nicht zurückzahlen
Die Hilfen sollten nicht von jenen zurückgezahlt werden, die sie erhielten, sagte Macron. Geplant ist vielmehr, dass die auf EU-Ebene aufgenommenen Schulden über einen Zeitraum von etwa 20 Jahren aus dem EU-Haushalt abgestottert werden. Deutschland ist hier der größte Netto-Beitragszahler.
Kommissionspräsidentin von der Leyen und Ratschef Michel sind mit den deutsch-französischen Vorschlägen einverstanden.
Lob von EU-Institutionen und EZB
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte den deutsch-französischen Vorschlag. Der Plan sei "konstruktiv" und erkenne "Umfang und Größe der wirtschaftlichen Herausforderung" an, der sich Europa durch die Pandemie ausgesetzt sehe. EZB-Chefin Christine Lagarde sagte mehreren Zeitungen, die Vorschläge seien "ehrgeizig, gezielt und willkommen".
EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von einem Schritt in die richtige Richtung und forderte Kompromisswillen von allen 27 EU-Staaten. Einem solchen Programm müssten alle 27 EU-Staaten einstimmig billigen. Die Erweiterung des Haushaltsrahmens muss zudem in allen EU-Staaten ratifiziert werden, in Deutschland vom Bundestag.
Gemischte Reaktionen aus EU-Ländern
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz kritisierte den Plan: Österreich halte an seiner Position fest, dass von der EU rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse an Krisenstaaten vergeben werden sollten, sagte er. Die italienische Regierung lobt den Vorschlag dagegen: Mit der Summe von 500 Milliarden Euro "können wir beginnen, den Recovery Fonds (Wiederaufbau-Fonds) im Rahmen des europäischen Haushalts noch substanzieller zu gestalten", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa Ministerpräsident Giuseppe Conte.
Bisher keine Einigkeit bei Hilfsprogrammen
Der Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs hatte der EU-Kommission Ende April den Auftrag gegeben, einen "Wiederaufbauplan" auszuarbeiten. Ziel ist es, Europas Wirtschaft nach der Corona-Pandemie schnell wieder aus der Rezession zu holen. Im Gespräch waren zunächst Volumen von ein bis zwei Billionen Euro.
Allerdings sind Finanzierung und Auszahlungsmodalitäten des Wiederaufbauplans sehr umstritten. Nördliche EU-Länder lehnten es bisher ab, dass dafür von der EU-Kommission Schulden aufgenommen werden, die dann als nicht rückzahlbare Finanzhilfen an betroffene Staaten weitergereicht werden. Länder wie Frankreich, Italien und Spanien bestanden dagegen auf solche Transferzahlungen, um ihre ohnehin schon große Verschuldung nicht noch weiter zu erhöhen.
Mit Informationen von Barbara Kostolnik, ARD-Hauptstadtstudio