Corona-Krise in Spanien Durchhalteappelle und Hilferufe
In Spanien hat sich die Zahl der Toten noch einmal deutlich erhöht. Angesichts des täglichen Dramas hat die Regierung die Ausgangssperre noch einmal verschärft - und ruft Europa zur Hilfe.
Die M30, die Stadtautobahn von Madrid, ist normalerweise schon zu früher Stunde proppenvoll. Seit die Ausgangssperre herrscht, ist sie kaum noch befahren. Und ab heute dürfte sie noch verwaister sein: Denn von nun an dürfen vorerst nur die Angestellten vom "lebenswichtigen" Unternehmen und Geschäften arbeiten.
Der Rest muss für knapp zwei Wochen in Zwangsurlaub. So hat es Ministerpräsident Pedro Sánchez angekündigt. Damit wird die strenge Ausgangssperre in Spanien noch ein bisschen strenger. Nicht ohne Grund: Am Wochenende musste die spanische Regierung mehr als 1600 neue Todesfälle wegen des Coronavirus vermelden. Die "düsteren Tage", die Sánchez vergangene Woche prophezeit hatte - sie sind da.
Spaniens Ministerpräsident fordert Unterstützung von der Europäischen Union.
Hohe Dunkelziffer
Immerhin ist die Zahl der Todesfälle zuletzt nicht mehr so dramatisch angestiegen wie noch vor einer Woche. Auch die Zahl der Neuansteckungen gehe zurück, so Fernando Simón, Leiter der Behörde für gesundheitliche Notfälle. Am Sonntag lag sie gegenüber dem Vortag bei vergleichsweise niedrigen neun Prozent.
Simón gesteht ein, dass die Dunkelziffer bei den Ansteckungen sehr viel höher sein dürfte. Und doch sieht er die Zahlen als Indiz dafür, dass die Ausgangssperre Wirkung zeigt: "Das sind ermutigende Daten - auch, dass fast 20 Prozent der Fälle mittlerweile geheilt sind", sagt er. "Aber die Zahl der Menschen, die sich auf den Intensivstationen befinden, wächst. Schon sind einige Regionen in Spanien an ihrer Leistungsgrenze - und andere auf dem raschen Weg dorthin."
In den Krankenhäusern fehlt es weiterhin nicht nur an Schutzkleidung, sondern auch immer mehr an Personal. Tausende Pflegekräfte haben sich mit dem Virus angesteckt.
Wirtschaft im Krisenmodus
Krankenpfleger Sergio arbeitet in einem Krankenhaus in Alcalá de Henares nahe Madrid. Mehr als 200 seiner Kollegen seien derzeit krankgeschrieben, berichtet er über Skype. Manchmal fühlt er sich in einen schlechten amerikanischen Katastrophenfilm hineinversetzt: "Du bist schon sehr angespannt und voller Angst, wenn Du an das denkst, was Dich später auf der Arbeit erwartet. Und wenn Du dann im Krankenhaus bist, arbeitest Du mit Deinen Kollegen zu 200 Prozent", sagt er. "Wir versuchen, so vielen Patienten wie möglich zu helfen - und auch den Kollegen. Denn es gibt einige Kollegen, die mit der Situation nicht klarkommen. Die müssen mal fünf Minuten raus, weinen und Luft holen, bevor sie wieder in die Station zurückgehen, um sich um die Patienten zu kümmern."
Aber nicht nur die spanischen Krankenhäuser sind im Krisenmodus, sondern auch die Unternehmen. Spanien, das nach Jahren der Wirtschaftskrise gerade erst aus dem Gröbsten raus war, trifft die Coronakrise hart. Umso mehr, als das Land zu einem großen Teil von Einnahmen aus dem Tourismus abhängt.
Appell an Europa
Auf einen solchen Schlag war Spanien nicht vorbereitet. Regierungschef Sánchez steht für das Krisenmanagement seiner Regierung in der Kritik. Er fordert, dass Europa die Schuldenlast, die gerade entsteht, gemeinschaftlich trägt. Neben Spanien wollen das auch Frankreich und Italien. Dagegen sind unter anderem Deutschland und die Niederlande. "Europa darf dieses Mal nicht versagen", so Sanchez. "Es soll nicht versagen. Wir müssen spüren, dass Europa zuhört und auch handelt. Wir brauchen Schlagkraft und Solidarität."
Wie weit die finanzielle Solidarität gehen wird, ist noch nicht ausgemacht. Aber sicher ist schon jetzt: Die Coronakrise stellt auch Europa auf die Probe.