Urteil des Europäischen Gerichtshofs Kein Deutschtest für türkische Partner
Seit 2007 müssen türkische Bürger, die zu ihrem Ehepartner nach Deutschland ziehen wollen, grundlegende Sprachkenntnisse nachweisen. Jetzt hat der EuGH diese Tests gekippt. Die Regelung erschwere die Zusammenführung von Familien, sagten die Richter.
Türkische Staatsbürger, die zu ihrem Ehepartner nach Deutschland ziehen wollen, müssen künftig keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) entschied, dass die Sprachtests gegen ein Assoziierungsabkommen zwischen der EU und der Türkei verstoßen. Die sogenannte Stillhalteklausel aus den 1970er Jahren verbietet neue Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit.
In ihrer Urteilsbegründung sagten die Richter, die Regelung gehe zu weit. Ein nicht bestandener Deutschtest mache den Nachzug des Ehegatten unmöglich, ohne dass die Umstände im Einzelfall noch einmal geprüft würden. Dadurch erschwere die Regelung die Zusammenführung von Familien. Gerade das Familienleben verbessert aber nach Überzeugung der Richter für türkische Erwerbstätige, die in der EU arbeiten, die "Qualität ihres Aufenthalts". Darüber hinaus fördere es ihre Integration in den jeweiligen EU-Staaten.
Sprachtests für Integration und gegen Zwangsehen?
Die Bundesregierung hatte die Sprachtests 2007 eingeführt und ebenfalls eine bessere Integration als Argument angeführt. Demnach sollte Ehepartnern, die grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen können, die Eingewöhnung in Deutschland leichter fallen. Darüber hinaus wollte Berlin mit dem Test Zwangsehen erschweren.
Mit dem Urteil gab der Europäische Gerichtshof der Klage einer Türkin statt. Ihr Antrag auf ein Visum war 2012 von der deutschen Botschaft in Ankara zum wiederholten Mal abgewiesen worden, weil sie nicht über die erforderlichen Deutschkenntnisse verfügte. Ihr Ehemann lebt seit 1998 in Deutschland.
Union: Andere Zuwanderer sollen Prüfung ablegen
Nach Meinung der Union sollen alle anderen Zuwanderer, die zu bereits in Deutschland lebenden Ehepartnern ziehen wollen, weiterhin die umstrittenen Deutschtests absolvieren. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, das EuGH-Urteil gelte nur für türkische Bürger, nicht aber für Menschen anderer Nationen. "Im Grundsatz sollten wir am Sprachnachweis beim Ehegattennachzug festhalten, denn er ist weiterhin der Schlüssel zum Integrationserfolg", betonte Mayer. CDU und CSU sei es weiterhin wichtig, Zwangsehen zu verhindern.
Lob von SPD, Grünen und Linkspartei
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, begrüßte das Urteil. "Für die Integration der Einwanderinnen und Einwanderer wird der Wegfall des Zwangstests keine negative Auswirkung haben", sagte die SPD-Politikerin. Mit den Integrationskursen gebe es bereits seit 2005 leistungsfähige Instrumente, um in Deutschland intensiv und nachhaltig Sprachkenntisse zu vermitteln.
Lob kam auch von den Grünen. Die Idee, Deutsch im Ausland zu lernen, sei "integrationspolitischer Quatsch", erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Volker Beck. Deutsch lasse sich am schnellsten in Deutschland lernen. Zudem schaffe der Familiennachzug "ein Gefühl von Willkommenskultur und des Angekommenseins".
Die migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dagdelen, bezeichnete die nun gekippten Tests als "eine nicht zu akzeptierende soziale Auslese". Diese richte sich vor allem gegen sozial ausgegrenzte, bildungsbenachteiligte und ältere Menschen. Dagdelen führte aus, der Sprachtest in der Türkei sei im Jahr 2012 in 37 Prozent aller Fälle nicht bestanden worden.
Az. C-138/13