Streit um Mogherini als EU-Außenbeauftragte Renzi lässt die Muskeln spielen
Die Kandidaten für die Besetzung der neuen EU-Kommission stehen fest. Umstritten bleibt die Personalie aus Italien: Premier Renzi will die junge Außenministerin Mogherini zur neuen EU-Außenbeauftragten machen. Auf Kritik reagiert er verschnupft.
Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi ist kein Diplomat. Sonst hätte er sich vor dem letzten EU-Gipfel Mitte Juli vielleicht mal bei den Kollegen umgehört, was die denn von einer möglichen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini halten. Offenbar nicht viel. Zu jung, zu unerfahren sei die 41-jährige Außenministerin Italiens, hieß es in Brüssel.
Renzi reagierte auf die Abfuhr undiplomatisch verschnupft: "Man hat uns hier hochkommen lassen und gesagt, es gibt eine Übereinkunft. Und dann hat uns Präsident van Rompuy sehr freundlich wissen lassen: es gibt keinen Konsens. Wenn er uns das nächste Mal vorher eine SMS schickt, dann sparen wir uns eine Dienstreise nach Brüssel." Niemand habe ein Veto gegen die italienische Kandidatin eingelegt.
Vorbehalte gegen Mogherini in Osteuropa
Es sind vor allem osteuropäische Staaten, die Italiens Außenministerin nicht zutrauen, das Amt der EU-Außenbeauftragten und stellvertretenden Kommissionschefin zu übernehmen. Mogherini wurde erst im Februar von Matteo Renzi zur Außenministerin gekürt.
Schon damals machte sie deutlich, dass für sie die Musik nicht in Rom, London oder Berlin spielt, sondern in Brüssel: "Der Terrorismus in Libyen, die Krise in der Ukraine oder die Migrationspolitik - es gibt kein Problem, das mit einer nationalen Entscheidung gelöst werden könnte. Wenn man eine echte Lösung will, muss man die mindestens auf europäischer Ebene anstreben."
Das klingt schon wie eine Bewerbung um das Amt der europäischen Außenministerin. Und trotz der Widerstände hält Renzi an der Kandidatur Mogherinis fest. Italiens Sozialdemokraten beanspruchen den zweitwichtigsten Posten in der EU-Kommission für sich, da sie nach den Europawahlen die stärkste Partei im Parlament stellen und da der Posten des Kommissionpräsidenten bereits vom EVP-Kandidaten Jean Claude Juncker bekleidet wird.
Die linke Politikerin posierte mit Arafat
Mogherini war Mitglied in der kommunistischen Jugendorganisation Italiens, früh hat sie sich für Außenpolitik interessiert, internationale Kontakte gesucht und sich eindeutig links positioniert. Es gibt ein Foto, das sie in jungen Jahren gemeinsam mit Palästinenserführer Arafat zeigt. Heute machen ihr vor allem die baltischen Staaten und Polen den Vorwurf, dass sie im Ukraine-Konflikt eine zu nachgiebige Haltung gegenüber Russland pflege.
Ihre demonstrative Unterstützung für das Pipeline-Projekt South Stream wird als Beleg für die prorussische Haltung der italienischen Außenministerin gewertet. Die Leitung soll russisches Erdgas unter Umgehung der Ukraine direkt nach Südeuropa transportieren. "Southstream bleibt für Italien und für andere europäische Länder ein wichtiges Projekt für eine sichere Energieversorgung ganz Europas", sagte Mogherini Anfang Juli nach einem Treffen mit ihrem russischen Kollegen Lawrow.
Enge Zusammenarbeit mit Deutschland
Gemeinsam mit dem deutschen Außenminister Frank Walter Steinmeier versucht Mogherini in Ukraine-Krise den Gesprächsfaden mit Moskau nie abreißen zu lassen. "Zwischen Italien und Deutschland gibt es eine sehr enge Zusammenarbeit, wir haben gemeinsame Interessen und eine gemeinsame Agenda", sagte Mogherini im Mai nach einem Treffen in Rom mit Steinmeier. Sie lobte die kollegiale Unterstützung durch den deutschen Außenminister. Möglicherweise führt sie diese Unterstützung auch an die Spitze der europäischen Außenpolitik.