EU nimmt Friedensnobelpreis entgegen Ein Appell ans europäische Miteinander

Stand: 10.12.2012 17:29 Uhr

In einer feierlichen Zeremonie ist die EU mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Als Vertreter der Union nahmen EU-Parlamentspräsident Schulz, Kommissionschef Barroso und Ratsvorsitzender Van Rompuy in Oslo die Medaille entgegen. Sie alle verwiesen auf die Bedeutung des Staatenbundes.

Die Europäische Union ist mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Stellvertretend für die 27 Mitgliedsstaaten mit rund 500 Millionen Europäern nahmen EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratsvorsitzender Herman Van Rompuy die Medaille und Urkunde vom Vorsitzenden des norwegischen Nobelkomitees, Thorbjörn Jagland, entgegen.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs, die an der feierlicher Zeremonie im Osloer Rathaus teilnahmen, quittierten die Verleihung mit Ovationen. Unter den Gästen waren auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande. Auch der norwegische König Harald und seine Familie nahmen an der Feierstunde teil.

Der Feier demonstrativ ferngeblieben war der euroskeptische britische Premierminister David Cameron. Der Konservative ließ sich vom liberalen Vizepremier Nick Clegg vertreten.

Komiteechef betont Friedensbeitrag

In seiner Rede wies Komiteechef Jagland einmal mehr daraufhin, dass die EU den Kontinent nach zwei Weltkriegen wieder zusammengeschweißt habe. Die EU habe entscheidend daran mitgewirkt, Europa von einem Kontinent des Krieges zu einem Kontinent des Friedens zu machen, sagte der Norweger in seiner Laudatio.

"Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass wir nicht verlieren, was wir auf den Ruinen von zwei Weltkriegen aufgebaut haben", betonte Jagland mit Blick auf 80 Millionen europäische Opfer von Krieg und Extremismus im vergangenen Jahrhundert. "Frieden darf nicht als selbstverständlich angesehen werden. Wir müssen jeden Tag dafür kämpfen."

Europa müsse nach vorne schauen und das schützen, was bereits erreicht worden sei. Er rief Europa auf, auch während der Schuldenkrise auf das Miteinander zu setzen und sich nicht wieder auf nationale Interessen zu beschränken.

Van Rompuy betont Verbrüderung der europäischen Nationen

Bezugnehmend auf die Krise betonte Van Rompuy in seiner Dankesrede: "In einer Zeit der Unsicherheit erinnert dieser Tag die Menschen in Europa und in aller Welt an den fundamentalen Zweck der Europäischen Union: Die Verbrüderung der europäischen Nationen voranzutreiben, jetzt und in der Zukunft."

Barroso bezeichnete in seiner Rede den Euro als stärkstes Symbol der Einheit des Staatenbundes: "Heute ist eines der sichtbarsten Symbole unserer Einheit in jedermanns Händen. Es ist der Euro, die Währung unserer Europäischen Union. Wir werden ihn verteidigen."

Schulz hatte bereits zuvor den Preis als Mahnung und Warnung bezeichnet. Der Staatenbund sei die Verwirklichung eines jahrhundertealten Traums.

Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte

Das Komitee hatte der EU am 12. Oktober überraschend den mit acht Millionen schwedische Kronen (930.000 Euro) dotierten Preis zugesprochen. Es würdigt damit den Beitrag der Union für die Verbreitung von Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa.

Die EU kündigte an, das Preisgeld für Kinder stiften zu wollen, die zu Kriegsopfern geworden sind.

Kritik an EU als Preisträger

Die Entscheidung des Komitees stieß bei früheren Preisträgern und Menschenrechtsaktivisten auf Kritik. Sie warfen Brüssel vor, oft hinter den eigenen Prinzipien zurückzubleiben. Auch der Zeitpunkt der Entscheidung für die EU als Preisträger wurde mit Blick auf die politischen Differenzen und gewaltsame Proteste gegen aktuelle Sparmaßnahmen kritisiert. Amnesty International warf der EU vor, durch die Abschottung ihrer Grenzen Menschen in Not zu bringen.

Jagland, der auch Generalsekretär des Europarats ist, wies Kritik an der Entscheidung zurück.

Bilder

Seit 1901 wird der Friedensnobelpreis verliehen - eine Auswahl der Preisträger

Maria Ressa und Dimitri Muratow

2021 werden die Journalistin Maria Ressa von den Philippinen und der Journalist Dmitri Muratow aus Russland mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Nobelkomitee zeichnete sie für ihren Einsatz für die Meinungsfreiheit aus.

Logo ICRC

Neben zahlreichen Personen wurden auch immer wieder Organisationen mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) war bereits dreimal Preisträger: 1917, 1944 und 1963.

Aristide Briand und Gustav Stresemann

Als erster Deutscher erhielt Außenminister Gustav Stresemann (rechts) den Friedensnobelpreis. Zusammen mit dem französischen Außenminister Aristide Briand (links) wurde er 1926 für das Zustandekommen des Vertrags von Locarno geehrt.

Logo UNHCR

1954 und 1981 wurde das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen für seine weltweite humanitäre Hilfe ausgezeichnet.

Logo UNICEF

1965 bekam das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen den Preis zuerkannt. Die Organisation wurde im Dezember 1946 gegründet und sollte zunächst Kindern nach dem Zweiten Weltkrieg helfen.

George Bush und Michail Gorbatschow

Formell besiegelt wurde das Ende des Kalten Krieges von Gorbatschow und US-Präsident George Bush beim Gipfeltreffen im Dezember 1989 auf Malta. Für seinen Beitrag zur gewaltlosen Beendigung des Kalten Krieges ehrte das Nobelkomitee Gorbatschow ein Jahr später mit dem Friedensnobelpreis.

Rajendra Pachauri und Al Gore

Der Friedensnobelpreis von 2007 ging an Al Gore (rechts) und den UN-Klimarat (stellvertretend Rajendra Pachauri) für ihren Einsatz gegen eine drohende Klimakatastrophe.

Juan Manuel Santos

2016 erhält der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos den Friedensnobelpreis. Santos hatte nach jahrzehntelangem Konflikt ein Friedensabkommen mit den FARC-Rebellen geschlossen, das allerdings von der Bevölkerung in einem Referendum abgelehnt wurde.

ICAN-Direktorin Beatrice Fihn (r.) und die Hiroshima-Überlebende Setsuko Thurlow (m.) nahmen den Preis bei einer feierlichen Zeremonie entgegen.

ICAN-Direktorin Beatrice Fihn (r.) und die Hiroshima-Überlebende Setsuko Thurlow (m.) wurden 2017 mit den Friedensnobelpreis geehrt.

Nadia Murad und Denis Mukwege

Die Friedensnobelpreisträger des Jahres 2018 sind der kongolesischen Arzt Denis Mukwege und die UN-Sonderbotschafterin Nadia Murad. Sie werden für ihren Einsatz gegen sexuelle Gewalt als Waffe in Kriegen und bewaffneten Konflikten ausgezeichnet.

Abiy Ahmed Ali erhält den Friedensnobelpreis

Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed ist der Friedensnobelpreisträger des Jahres 2019. Seit seinem Amtsantritt am 2. April 2018 hat er Frieden mit dem einstigen Erzfeind Eritrea geschlossen, Tausende politische Gefangene freigelassen und verbotene Parteien wieder erlaubt.

Ein Junge trägt einen Sack mit Lebensmitteln des Welternährungsprogramms der UN

Der Friedensnobelpreis 2020 ging an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen. Das teilte das norwegische Nobelpreiskomitee in Oslo mit. Es begründete seine Entscheidung mit dem Kampf der UN-Organisation gegen den Hunger in der Welt. Dieser sei wichtig insbesondere in Zeiten der Corona-Pandemie.

Verleihung in Stockholm

In Stockholm wurden am Abend die weiteren Nobelpreise verliehen. Der Chinese Mo Yan erhielt von Schwedens König Carl XVI. Gustaf die Auszeichnung in der Sparte Literatur. Der Nobelpreis für Medizin ging an den Briten John Gurdon und den Japaner Shinya Yamanaka für ihre Arbeiten zur Verjüngung erwachsener Zellen.

Den Physik-Nobelpreis nahmen Serge Haroche aus Frankreich und sein US-Kollege David Wineland für Methoden in Empfang, mit denen sich kleine Teilchen beobachten lassen. In der Kategorie Chemie wurden die US-Amerikaner Robert Lefkowitz und Brian Kobilka für ihre Erkenntnisse zur Kommunikation von Körperzellen ausgezeichnet. Die Forscher hatten entschlüsselt, wie zahlreiche Signale von außen in die Zelle kommen.

Der Wirtschafts-Nobelpreis 2012 ging wie fast jedes Jahr in die USA. Die Schwedische Wissenschaftsakademie vergab ihn an Alvin Roth und Lloyd Shapley. Beide hätten bahnbrechende Erkenntnisse dafür entwickelt, "verschiedene wirtschaftliche Akteure zueinander zu bringen", hieß es zur Begründung.