Europawahl im Juni Von der Leyen zur EVP-Spitzenkandidatin gewählt
Ursula von der Leyen ist von der Europäischen Volkspartei in Bukarest zur Spitzenkandidatin für die Europawahl gewählt worden. Die EU-Kommissionspräsidentin hatte in ihrer Bewerbungsrede vor Versuchen gewarnt, die Zukunft Europas "zu kapern".
Ursula von der Leyen ist offiziell Kandidatin der europäischen Parteienfamilie EVP für eine zweite Amtszeit als Präsidentin der EU-Kommission. Zum Abschluss des Parteikongresses der Europäischen Volkspartei (EVP) im rumänischen Bukarest haben die Delegierten die EU-Kommissionspräsidentin zu ihrer Spitzenkandidatin gewählt.
Auf die 65-Jährige entfielen bei der geheimen Wahl 400 der 499 Stimmen, wie die EVP mitteilte. 89 Delegierte stimmten gegen sie, es gab zehn ungültige Stimmen. "Lasst uns diese Wahlen gewinnen", rief von der Leyen unter dem Applaus der Delegierten.
Von der Leyen trat bei der Wahl ohne Konkurrenz an. Die frühere Bundesverteidigungsministerin hofft auf ein zweites fünfjähriges Mandat als Kommissionspräsidentin. Nach der Europawahl müssen sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf die Besetzung der Kommissionsspitze einigen, danach stimmt noch das Parlament ab. Selbst wenn die EVP wie prognostiziert stärkste Kraft werden sollte, erhält von der Leyen den Posten damit nicht automatisch.
Warnung vor Versuchen, "unsere Geschichte umzuschreiben"
In ihrer Bewerbungsrede nannte von der Leyen die Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen sowie den Aufstieg Chinas als die wichtigsten Herausforderungen für die 27 EU-Mitgliedsstaaten. "Und hier zu Hause versuchen die Freunde von (Russlands Präsident Wladimir) Putin, unsere Geschichte umzuschreiben und unsere Zukunft zu kapern", fügte sie hinzu. "Es darf keinen Zweifel daran geben, was bei dieser Wahl auf dem Spiel steht."
Laut Meinungsumfragen hat die EVP trotz des Aufstiegs rechtsextremer und populistischer Parteien in den EU-Staaten einen klaren Vorsprung vor den anderen Fraktionen. Von der Leyen versprach, in einer zweiten Amtszeit als Kommissionspräsidentin die EU-Wirtschaft voranzubringen, gegen irreguläre Einwanderung vorzugehen, die Wettbewerbsfähigkeit und die Unternehmen zu stärken sowie die Landwirte zu unterstützen. Sie kündigte zudem an, sich für mehr finanzielle und militärische Hilfe für die Ukraine im Kampf gegen Russland einzusetzen.
Merz: Von der Leyen hat "Führungsstärke gezeigt"
CDU-Chef Friedrich Merz hatte von der Leyen zuvor in einer Rede gewürdigt. Sie habe "Europa eine starke Stimme in der Welt gegeben" und in der Corona-Pandemie wie während des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine in den vergangenen viereinhalb Jahren "Führungsstärke gezeigt".
Auch EVP-Chef Manfred Weber (CSU) hatte sich hinter von der Leyen gestellt: "Ursula von der Leyen ist unsere Spitzenkandidatin, und alle programmatischen Positionen der Europäischen Volkspartei werden von Ursula von der Leyen geteilt." Dies gelte selbstverständlich auch für das Europawahl-Manifest.
EVP-Manifest weicht von Positionen von der Leyens ab
Der rund 23-seitige Text des Manifests "Unser Europa, eine sichere und gute Heimat für die Menschen" enthält allerdings eine Reihe von Programmpunkten, die sich deutlich von der Politik von der Leyens an der Kommissionsspitze seit Ende 2019 unterscheiden.
Strittig im konservativen Parteienbündnis ist insbesondere von der Leyens Vorzeigeprojekt "Green Deal". Das Vorhaben, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral gemacht werden soll, handelte ihr den Vorwurf ein, den Grünen zu nahe zu stehen. Im EVP-Wahlprogramm heißt es nun, der "Green Deal" dürfe die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen nicht einschränken und die Landwirtschaft nicht gefährden.
EVP-Abgeordnete stimmten häufig gegen Kommission
Im Europaparlament hatten die Konservativen unter dem Eindruck der Bauernproteste zuletzt mehrfach gegen Gesetzesvorlagen der EU-Kommission gestimmt. Mangels Unterstützung sah sich von der Leyen etwa gezwungen, Vorschläge für weniger Pestizide zurückzuziehen.
Auch in der Migrationspolitik drängt die EVP auf eine deutlich härtere Gangart für die nächste fünfjährige Legislatur nach den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni. Europa müsse wieder "Kontrolle über die Migration" erhalten, heißt es in dem Manifest unter Anspielung auf die mehr als eine Million Asylanträge, die im vergangenen Jahr in den 27 EU-Ländern, Norwegen sowie der Schweiz gezählt wurden. Nach Vorstellung der EVP sollen auch Drittstaaten Antragstellern künftig "Schutz vor Ort" bieten, heißt es etwa im Programm.
Von der Leyen stand zuletzt in der Kritik, weil sie eine künftige Kooperationen mit Kräften rechts der Konservativen nicht ausgeschlossen hatte. So wollte von der Leyen etwa eine Zusammenarbeit mit Teilen der italienischen Regierungspartei von Giorgia Meloni, Fratelli d'Italia, nicht ausschließen.
Mit Informationen von Christian Feld, ARD-Studio Brüssel, zzt. Bukarest