Gabriel Attal verlässt den Élyséepalast in Paris

Frankreichs Regierung Zum Weitermachen verpflichtet - vorerst

Stand: 16.07.2024 19:54 Uhr

In Frankreich ist ein Nachfolger von Gabriel Attal für den Posten des Premiers weiterhin nicht in Sicht. Präsident Macron hat zwar dessen Rücktritt angenommen - doch die Regierung bleibt geschäftsführend im Amt. Die Hängepartie könnte noch andauern.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat gut eine Woche nach der zweiten Runde der Parlamentswahl den Rücktritt der Regierung von Premierminister Gabriel Attal angenommen. Macron habe Attals Rücktritt und den aller Ministerinnen und Minister "akzeptiert", teilte der Élysée-Palast mit.

Die bisherige Regierung bleibe "bis zur Ernennung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt". Damit diese Zeit "so schnell wie möglich" zu Ende gehe, liege es an den republikanischen Kräften, zusammenzuarbeiten, um zu einer Einigung zu kommen, hieß in der Mitteilung des Präsidentenpalastes weiter.

Keine Gesetzesvorlagen mehr möglich

Die geschäftsführende Regierung kann nun keine Vorhaben oder Gesetze mehr auf den Weg bringen, in der aktuell unklaren politischen Lage aber auch nicht durch ein Misstrauensvotum gestürzt werden. Insbesondere aber können die 17 Ministerinnen und Minister, die bei der Wahl einen Sitz im Parlament erhielten, nun am Donnerstag bei der konstituierenden Sitzung der Nationalversammlung bei der Verteilung von Leitungsposten mit abstimmen. Unter anderem geht es dabei um die Wahl des einflussreichen Vorsitzenden des Parlaments.

Eine Frist für das Ernennen eines neuen Premierministers hat Macron nicht. Die Hängepartie, die Frankreich zu politischem Stillstand verdammt, kann also dauern. Eine Auflösung des Parlaments und Neuwahlen sind erst in einem Jahr wieder möglich.

Zuvor hatten mehrere Medien übereinstimmend unter Berufung auf Beteiligte berichtet, dass Macron die Annahme der Rücktrittsgesuche auf der Kabinettssitzung in Paris bekannt gegeben hatte. Diese Übergangszeit könne einige Wochen und mindestens bis zum Ende der Olympischen Spiele dauern, hieß es von den Ministern. Zunächst hatte Macron das Rücktrittsgesuch unter Verweis auf "die Stabilität des Landes" abgelehnt.

Linksbündnis NFP droht "Schiffbruch"

Der Präsident rief sein politisches Lager in der Kabinettssitzung nach Berichten der Teilnehmer dazu auf, einen Vorschlag für eine Regierungskoalition oder eine Kooperation vorzulegen. Zwar war Macrons Bündnis bei der Parlamentswahl nur auf Platz zwei gelandet - das siegreiche Linksbündnis NFP, das Macron aufgefordert hatte, es mit der Bildung einer Regierung zu beauftragen, steht inzwischen aber vor einem Bruch.

Bei der Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Premierministers haben sich die linkspopulistische Partei La France Insoumise ("Unbeugsames Frankreich", LFI) und die Sozialisten zerstritten.

Zwar machten sich Sozialisten, Grüne und Kommunisten für die 73-jährige Diplomatin Laurence Tubiana als gemeinsame Kandidatin für den Posten der Regierungschefin stark. Dies stieß jedoch auf den Widerstand des linkspopulistischen Bündnispartners.

LFI-Koordinator Manuel Bompard nannte den Vorschlag "unseriös", da Tubiana eine zu große Nähe zum Regierungslager habe. Eine Regierung unter Führung der an den Verhandlungen für das Pariser Klimaabkommen von 2015 beteiligten 73-Jährigen würde "die Macronisten wieder durch die Hintertür hineinlassen", sagte Bompard. LFI hatte den Wahlkampf in scharfer Abgrenzung zur Politik Macrons geführt.

Der Chef der Kommunistischen Partei, Fabien Roussel, bezeichnete den Stand der Gespräche zwischen den Parteien des NFP als "beklagenswert". "Wenn es uns in den nächsten Stunden oder Tagen nicht gelingt, eine Lösung zu finden, erleiden wir Schiffbruch", warnte er im Fernsehsender BFM TV.

Das Bündnis war hastig als Abwehrbollwerk gegen die erstarkte rechte Partei Rassemblement National (RN) von Marine Le Pen ins Leben gerufen worden. Doch ist die Allianz aus Kommunisten, Sozialisten, Grünen und LFI ein politisch heterogenes Gebilde. Laut LFI-Chef Jean-Luc Melenchon sollte der Premier aus den Reihen seiner Partei kommen, doch die Sozialisten sind dagegen.